Gesundheitssport
Deine Eintrittskarte zum Erfolg
Der letzte Beitrag aus der Miniserie zum Gesundheitssport beschäftigt sich mit dem Rehabilitationssport oder auch kurz Rehasport genannt. Dieser ist gesetzlich geregelt im § 64 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB IX. Es handelt sich dabei um eine entwickelte Leistung für Behinderte und von einer Behinderung bedrohte Menschen mit dem Ziel, die Betroffenen auf Dauer in das Arbeitsleben und in die Gesellschaft einzugliedern. Oder um es einfacher auszudrücken, wenn jemand nicht mehr in der Lage ist, krankheitsbedingt seiner Arbeit nachzugehen, versucht Rehasport diese Person wieder dazu zu befähigen. Man muss allerdings Punkt 3 (Rehasport) und 4 (Funktionstraining) im Gesetz unterscheiden.
Rehasport vs. Funktionstraining
Sowohl dem Rehasport als auch dem Funktionstraining ist gemein, dass sie vom Arzt verordnet werden müssen und in Gruppen stattfinden. Der Sport steht, in Abhängigkeit davon worum es sich handelt, entweder unter ärztlicher Betreuung oder Überwachung und muss unter fachkundiger Anleitung durchgeführt werden. Durch das Wort „verordnet“ ist bereits auch die Kostenfrage geklärt – alle Kosten dieser Kurse werden von der Krankenkasse oder deutschen Rentenversicherung getragen.
Aber was unterscheidet jetzt Rehasport von Funktionstraining? Rehasport ist typischer Sport, wohingegen das Funktionstraining von der Ausrichtung her eine Form der Krankengymnastik bzw. Ergotherapie ist. Das heißt, dass das Ziel des Rehasports eher bei der Verbesserung der Ausdauer, Kraft, Koordination und Flexibilität liegt. Rehasport ist grundsätzlich im Wasser wie auch an Land möglich und klassisch verwendete Sportarten sind z.B. Gymnastik, Schwimmen, Wassergymnastik oder Bewegungsspiele in Gruppen. Beim Funktionstraining liegt das Augenmerk auf dem Erhalt und der Verbesserung von Funktionen und dem Verzögern von Funktionsverlusten der Organe bzw. von Körperteilen. Aber auch auf den Themen Schmerzlinderung und Bewegungsverbesserung liegt ein Fokus.
Wichtig beim Rehasport ist es, dass du dein Angebot einem der sechs Themenfeldern den sogenannten Reha-Schüsseln zuordnen kannst. Diese Schlüssel sind:
- Orthopädie – Wohl der für dich als Vereinsstratege wichtigste Schlüssel, da viele Menschen in diesem Bereich eine Verordnung bekommen. Hierbei handelt es sich um alles bzgl. Gelenken, Rücken und allgemeinen körperlichen „Verschleißteilen“.
- Innere Medizin – Hierzu zählt z.B. Herzsport und Sport für Patienten mit Diabetes.
- Sensorik
- Neurologie – Dies umfasst den Rehasport z.B. nach einem Schlaganfall.
- Geistige Behinderung
- Psychiatrie – Dies umfasst den Bereich der geistigen Erkrankungen.
Das bedeutet für dich, dass die Gruppen nach den Anforderungen getrennt werden. Heißt ein Herzsportler, der beim Sport von einem Arzt überwacht werden muss, wird nicht in die gleiche Gruppe gesteckt wie jemand mit einer neuen Hüfte, welcher zur Orthopädie gehört. Wichtig ist anzumerken, dass klassisches Gerätetraining kein Bestandteil des Rehasports sein darf und somit auch nicht mit der Krankenkasse oder Rentenversicherung abgerechnet werden kann.
Rehasport aus Patientensicht
Nachdem der Arzt dem Patienten (nennen wir ihn Fabian) eine Verordnung für Rehasport/Funktionstraining erteilt hat, reicht Fabian diese beim entsprechenden Kostenträger ein – also bei der Krankasse, der gesetzlichen Rentenversicherung (bei Rentnern) oder seltener bei der Unfallversicherung. In unserem Beispiel hat Fabian ein neues künstliches Kniegelenk bekommen – deswegen hat der Arzt entschieden, dass Rehasport im Wasser, wohl den besten Heilungsverlauf verspricht. Meist empfiehlt hier der Arzt schon einen Rehasportanbieter – das könnte dein Verein sein!
Grundsätzlich stellt der Arzt meist eine Verordnung über 18 Monate aus, denkbar sind aber auch 24 bis 36 Monate. Als sehr kurzer Zeitraum gelten 6 Monate. Eine Genehmigung über 18 Monate enthält meist 50 Übungseinheiten. Nach dem Ablauf einer Verordnung ist grundsätzlich die Ausstellung von Folgeverordnungen möglich, wenn dies vom Arzt als notwendig erachtet wird. Allerdings kann es sein, dass die Krankenkasse diese aufgrund der Kosten ab einem bestimmten Zeitpunkt ablehnt. Sobald Fabian die Genehmigung der Kostenübernahme vom Kostenträger erhalten hat, kann er sich auf die Suche nach einem Kurs machen. Ein beliebtes Mittel der Patienten ist es auch bei der Krankenkasse zu schauen, welche Kurse dort in der Nähe des jeweiligen Patienten hinterlegt sind. Die Aufnahme deiner Kurse in die Datenbank der Krankenkasse erfolgt automatisch.
Rahmenbedingungen des Rehasports
Eines der primären Ziele des Rehasports ist Hilfe zur Selbsthilfe – das heißt nach Beendigung der Verordnung soll der Übende in die Lage sein, selbstständig regelmäßig zu trainieren. Es soll ihm also Eigenverantwortung beigebracht werden während des Reha-Kurses. Grundsätzlich findet das Gruppentraining in einer Größe von 5 bis 15 Personen statt, dauert 45 oder 60 min und findet in der Regel ein- bis zweimal pro Woche statt. Eine regelmäßige Teilnahme ist Plicht, sonst erlischt der Leistungsanspruch. Bei einer unentschuldigten Nichtteilnahme von 7 Wochen erlischt die Verordnung automatisch. Und auch bei möglichen Folgeverordnung wird sehr genau geschaut, wie regelmäßig z.B. Fabian am Kurs teilgenommen hat. Die Teilnahme an einer Übungseinheit bestätigt der Übende durch eine Unterschrift auf der Teilnahmebestätigungs-Liste nach jeder Trainingseinheit. Mit Ablauf, Abrechnung oder Aufhebung der Verordnung endet diese automatisch und bindet den Teilnehmer für keinen längeren Zeitraum an deinen Verein. Ein Anspruch auf eine Leistung über diesen Zeitraum hinaus besteht nicht.
Auch wenn das Kurstraining von einem qualifiziertem Übungsleiter aus deinem Verein geleitet wird und auf deinem Vereinsgelände stattfindet, darfst du von den Teilnehmern keine (kostenpflichtige) Mitgliedschaft einfordern, damit sie am Kurs teilnehmen können. Eine Mitgliedschaft können sie aber natürlich freiwillig bei dir im Verein abschließen. Dies kann z.B. sinnvoll sein, wenn du über ein hauseignes Fitnessstudio verfügst, denn Rehasport im Kurs erlaubt maximal den Einsatz von Kleingeräten, aber kein klassisches Fitnesstraining. Spätestens nach dem Ablauf der Verordnung ist es dann aber sehr wahrscheinlich, dass Fabian Mitglied bei dir wird – das bedeutet allerdings auch, dass du das passende Angebot für ihn haben musst. Beschäftige dich also vorher mit dem Thema, wie Folgeangebote für Rehasportler aussehen könnten.
Die Voraussetzungen für Rehasport im Verein
Jede offiziell durchgeführte Rehasportgruppe, die mit den Kostenträgern abgerechnet wird, muss (gemäß §64 SGB IX und Rahmenvereinbarung) zertifiziert sein. Dazu musst du beim zuständigen Behindertensportbund mit deiner Rehasportabteilung Mitglied sein und einen Antrag auf Anerkennung deines Kursangebotes an den Behindertensportbund schicken. Hier muss z.B. aufgeführt werden, in welchem Themenfeld du dich betätigen möchtet und wer die Kursleitung übernimmt.
Räumlich musst du 5m² Platz pro Rehasportler nachweisen, damit der Übungsleiter das Gruppentraining effektiv leiten kann. Dieser Übungsleiter muss dabei die Lizenz B Rehabilitationssport besitzen. Zusätzlich brauchst du noch einen betreuenden Arzt, der den Rehasportlern bei Fragen zur Verfügung steht. Meist reicht es aus, wenn der Hausarzt diese Funktion übernimmt. Aber Vorsicht, bei Herzsportgruppen muss aus Sicherheitsgründen ein Arzt beim Training anwesend sein, um z.B. regelmäßig den Puls und den Blutdruck der Teilnehmer zu kontrollieren.
Die Abrechnung von Rehasport ist deutlich komplizierter als beim Präventionssport. Der Verein stellt die Übungseinheiten für jeden Teilnehmenden dem jeweiligen Leistungsträger in Rechnung. Die Abrechnung erfolgt dabei elektronisch. Zum Glück gibt es hier aber Dienstleister, welche sich auf die Abrechnung spezialisiert haben und dafür eine überschaubare prozentuale Beteiligung an den Erlösen haben möchten. Gerade wenn du mit einem Rehasportangebot starten möchtest, können wir dies empfehlen. Übrigens kann Rehasport (mit wenigen regionalen Ausnahmen) nur von gemeinnützigen Vereinen angeboten werden. Gewerbliche Anbieter sind deswegen auch die absolute Ausnahme.
Praxistipp: Zu Beginn würden wir dir empfehlen mit einer orthopädischen Gruppe zu starten. Es gibt genügend Personen, welche ein solches Angebot per Verordnung wahrnehmen möchten und die Anforderungen bzgl. der Zertifizierung und Durchführung sind als moderat einzuschätzen. In den anderen Reha-Schlüsseln können deutlich schwierigere Fälle vorkommen, welche du zu Beginn eher meiden solltest. Später kannst du dieser aber natürlich gerne in dein Vereinsangebot integrieren.
Es gibt auch noch Sonderfälle und Konstruktionen, wie man Rehasport z.B. durch eine Neugründung oder in einem Verein, der kein Sportverein ist, anbieten kann. Das würde hier aber den Rahmen des Beitrags sprengen. Solltest du ein solcher Sonderfall sein, kannst du uns gerne eine E-Mail unter info@vereinsstrategen.de schreiben und wir schauen gerne mit dir auf deine Situation.
Übungsleiter und Qualifikation
Einen (potentiellen) Übungsleiter zu finden, ist nicht so einfach, wie im Präventionssport, da wir hier schon fast im medizinischen Bereich arbeiten. Aber trotzdem ist es auch hier möglich, geeignete Personen zu finden. Grundsätzlich haben wir schon festgestellt, dass wir für den Rehasport einen Fachübungsleiter B Rehabilitationssport benötigen. Wieso jetzt das Wort „Fach“? Wir hatten vorhin bereits die Rehaschlüssel erwähnt. Während der Ausbildung zum Übungsleiter muss man eines der sechs Profile auswählen und sich entscheiden, ob man dies im Kinder- oder Erwachsenenbereich machen möchte. Hier noch einmal zur Erinnerung die sechs Schlüssel:
- Orthopädie
- Innere Medizin
- Sensorik
- Neurologie
- Geistige Behinderung
- Psychiatrie
Den Übungsleiterschein B für Rehasport kann grundsätzlich jeder machen, der daran Interesse hat. Bei einer Physiotherapieausbildung gibt es darüber hinaus die Möglichkeit die Rehasportausbildung stark zu verkürzen. Beim Funktionstraining, sieht es aber anders aus. Dies darf nur von Physiotherapeuten oder Ergotherapeuten durchgeführt werden. Es gibt hierfür aufgrund des hohen medizinischen Anspruchs an das Training, keine Möglichkeit einen Trainerschein zu machen.
Wenn man die Übungsleiterlizenz anstrebt, muss man sich auf einen Umfang von 180 bis 210 Stunden einstellen, welcher damit nicht gerade gering ist. Du solltest als potentiell Interessierter, welcher eine Übungsleiter C-Lizenz besitzt, also von 6 bis 12 Monaten Ausbildung ausgehen, bevor du die B-Lizenz erhältst. Die Kosten betragen für die Ausbildung etwa 1.000 Euro, können aber je nach Verband auch teurer sein. Hinzu kommen die Kosten für die Unterkunft und Verpflegung. Zusätzlich kann dein Verein nach der Ausbildung mit einem Stundensatz von 20 bis 30 Euro für den Übungsleiter rechnen. Wenn du Ärzten (z.B. bei Herzsportgruppen) eine Aufwandsentschädigung für deine Kurse bezahlen musst, solltest du mit mindestens 50 Euro pro Stunde rechnen.
Lohnt sich Rehasport finanziell?
Um es nicht zu spannend zu machen – aus unserer Sicht ist es trotz des hohen bürokratischen und zeitlichen Aufwandes finanziell absolut sinnvoll. Schauen wir uns einmal die Ausgaben an. Wir haben die Mitgliedschaft für den Behindertensportbund, die Ausbildung des Übungsleiters (plus seinen späteren Stundensatz) und noch das Thema Versicherung der Teilnehmer. Die normale Versicherung eures Vereins gilt nicht bei Nichtmitgliedern, Kurzmitgliedschaften oder auch Schnupperstunden. Hierfür müsst ihr unbedingt eine Zusatzversicherung abschließen. Da ihr bei Rehasport aber verpflichtet seid, Teilnehmer anzunehmen, welche keine Vereinsmitglieder sind, müsst ihr euch definitiv darum kümmern. Entweder der Behindertensportbund hat schon eine Gruppenunfallversicherung abgeschlossen oder du fragst einfach einmal beim LSB nach, ob er ein gutes Angebot für eine Unfallversicherung hat. Ggf. habt ihr wegen euren anderen Abteilungen bereits eine Nichtmitgliederversicherung abgeschlossen, dann sollte hier eigentlich kein weiterer Handlungsbedarf bestehen.
Die Hauptnahmen generiert dein Verein natürlich über die Abrechnung mit den entsprechenden Leistungsträgern. Du kannst je nach Kostenträger, Angebot und Gruppengröße zwischen 5 bis 18 Euro pro Teilnehmer und Termin abrechnen. Wenn wir also den Rehasport im Wasser von Fabian als Ausgangsgröße nehmen, wären das z.B. bei 15 Teilnehmern zu je 8,50 Euro in Summe 127,50 Euro. Wenn du jetzt annimmst, dass dein Übungsleiter 25 Euro pro Termin bekommt und die die Umlage für die Mietkosten des Schwimmbades abziehst, bleiben etwa 85 Euro pro Kurs und Woche über.
Doch es gibt noch weitere Einnahmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person, welche von der Arbeitsunfähigkeit bedroht war, ein hohes Interesse hat, weiter Sport zu machen, um nicht wieder in diesen Zustand zurückzufallen, steht aus unser Sicht außer Frage. Wenn du also passende Folgeangebote nach den Kursen hast, kannst du im Normalfall damit rechnen, dass die frühren Kursteilnehmer als neue Mitglieder bei dir eintreten werden. Desweiterem wird der Rehasport aufgrund seiner steigenden Bedeutung auch stark finanziell und fachlich gefördert. Es gibt in den meisten Landesverbänden Aktionsprogramme oder Zuschüsse. Auch ist häufig die Erstberatung beim entsprechenden Behindertensportbund kostenfrei.
Noch ein buchungstechnischer Hinweis – Rehasport liegt beim Verein im Zweckbetrieb und nicht im ideellen Bereich, ist damit aber trotzdem umsatzsteuerbefreit.
Die sechs Handlungsempfehlungen
Zum Abschluss wollen wir Die noch sechs Handlungsempfehlungen mit auf den Weg geben, damit dein Rehasportvorhaben auf jeden Fall ein Erfolg wird.
- Kümmere dich rechtzeitig um einen Übungsleiter und sprich gern auch Physiotherapeuten an.
- Baue dir Stück für Stück ein Netzwerk auf und nutze auch das Netzwerk des Verbands. Vielleicht gibt es ja schon einen Übungsleiter, der in deiner Nähe wohnt und noch Zeit hat. Damit entfällt die Ausbildung.
- Pflege guten Kontakt zu den Hausärzten – sie liefern dir schließlich neue Teilnehmer und vielleicht brauchst du später noch ihre Unterstützung (Herzsport).
- Starte im Bereich der Orthopädie (Viele Teilnehmer und wenig „Gefahr“)
- Lass dich, grade am Anfang, bei der Abrechnung unterstützen. Sichtworte sind hier Teamlösung oder Dienstleister.
- Fange mit einer Gruppe an und schaue einfach, wie sich das Thema entwickelt. Nach unseren Erfahrungen sind die Kurse sehr schnell voll, wenn es sich rumgesprochen hat. Dann kannst Du in Ruhe und mit einer finanziellen Reserve die nächsten Schritte planen.
Wir hoffen, du fühlst dich zum Thema Rehasport jetzt ausführlich informiert. Wenn du noch Fragen haben solltest oder uns erzählen möchtest, wie du Rehasport bei dir im Verein umgesetzt hast, schreibe uns sehr gerne eine E-Mail unter info@vereinsstrategen.de.
Deine Vereinsstrategen
(Martin Schüttler)