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Großsportvereine – Alles, was du wissen musst

Großsportvereine – Alles, was du wissen musst

Vereinsentwicklung

Gemeinschaft oder Dienstleister?

 

Die wenigsten Sportvereine in Deutschland sind ein Großsportverein. Trotzdem fallen sie dir wahrscheinlich auch immer wieder auf, weil in der Presse von einem neuen Projekt über den Verein berichtet wird oder du Personen kennst, die in diesem Verein Mitglied sind. Wir wollen uns deshalb mal den Besonderheiten dieser Vereine widmen und unter anderem der Frage nachgehen, ob es erstrebenswert ist, selbst ein Großsportverein zu werden. Der Blogbeitrag stellt dabei eine Zusammenfassung der Podcastfolge dar. Hört also gerne auch in die Episode rein.

 

Diverse Vereinslandschaft

Einen Verein in die Vereinslandschaft einzuordnen führt je nach Blickwinkel zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Man kann eine Einteilung nach dem Zweck bzw. der Ausrichtung vornehmen. Ein Sportverein verfolgt dabei Breiten-, Freizeit- und/oder Leistungssport. Es gibt aber auch Vereine, die kümmern sich beispielsweise um das Brauchtum oder sind soziale Hilfsverbände. So kommt es, dass der Verein „Sportspaß Hamburg“ als größter Sportverein außerhalb der Profifußballvereine vor der Coronapandemie etwa 60.000 Mitglieder hatte, aber das deutsche rote Kreuz ca. 2,7 Millionen Mitglieder vorweisen kann.
Wenn wir uns einmal den durchschnittlichen Sportverein anschauen, stellen wir fest, dass dieser 267 Mitglieder laut dem letzten Sportentwicklungsbericht von 2018 hat. Allerdings gibt es auch knapp 90.000 Sportvereine in Deutschland. Dabei ist natürlich auch klar, dass aber selbst ein Verein mit identischer Größe und den gleichen Sportarten trotzdem anders sein wird. Gerade Vereine sind aufgrund der Interessen der Mitglieder und handelnden Personen schlussendlich immer einzigartige Gebilde.
Wenn wir uns jetzt noch einmal den Zahlen zuwenden, stellen wir fest, dass 46% von allen Sportvereinen weniger als 100 Mitglieder haben, 4% haben mehr als 1.000 Mitglieder und nur 0,6% hatten mehr als 2.500 Mitglieder, was etwa 5.400 Sportvereinen entspricht. Wahrscheinlich ist die Anzahl während der Pandemie etwas gesunken. Aber auch so stellt man fest, dass Großsportvereine einen geringen Anteil der Gesamtvereine in Deutschland umfassen. Nimmt man allerdings alle Mitglieder von allen Sportvereinen und verteilt sie auf die verschiedenen Größenklassen, ergibt sich ein anderes Bild. 20% sind in größeren Vereinen ab 1001 Mitgliedern, 40% in Vereinen in der Größenklasse zwischen 301 und 1000 Mitgliedern.

 

Der Großsportverein

Jeder hat wahrscheinlich ein anderes Bild, was für ihn ein Großsportverein ist. Wo sich alle Personen schnell einig werden, ist die Tatsache, dass es sich eigentlich immer um Mehrspartenvereine handelt, welche ihren Mitgliedern sehr viele Angebote machen können. Wenn man aber ehrlich ist, kann man es auch nicht eindeutig sagen, wann ein Großsportverein eindeutig als solcher gewertet wird, weil es dazu unterschiedliche Ansichten je nach Institution gibt. Wir als Vereinsstrategen persönlich sprechen ab 2.000 Mitgliedern von einen Großsportverein. Eine wissenschaftliche Einordnung durch Nagel und Breuer kommt zu einem ähnlichen Ergebnis:

  • Alles bis zu 300 Mitgliedern ist ein kleiner Sportverein
  • Zwischen 301 und 800 Mitglieder sprechen wir vom mittelgroßen Sportverein
  • Zwischen 801 und 2.000 Mitglieder ist es ein großer Sportverein
  • Und ab 2.001 Mitgliedern sprechen wir von einem Großsportverein

Manche Sportbünde sprechen aber bereits ab 1.000 Mitglieder von einem Großsportverein, der Freiburger Kreis zum Beispiel erst ab 3.000 Mitgliedern.
Ein weiteres Kriterium, woran man einen Großsportverein messen kann, ist sicherlich auch das jährliche Haushaltsvolumen. Hier geht es aus unserer Sicht ab einer Million Euro los, kann aber ja nach Verein auch deutlich mehr sein. Wenn wir das mit dem Durchschnittsverein mit den 267 Mitgliedern einmal vergleichen, sieht man den großen Unterscheid. Nehmen wir an jedes Mitglied zahlt 7 Euro im Monat als Mitgliedsbeitrag, dann haben wir 22.500 Euro Jahresumsatz aus Mitgliedsbeiträgen, was meist auch 80 bis 90% des Gesamtumsatzes darstellt. Im Podcast haben wir darüber hinaus noch ein paar Experten gefragt, was ihrer Meinung nach einen Großsportverein aus macht. Höre also gerne rein.

 

Hat „Groß“ sein wirklich nur Vorteile?

Auch wenn „Groß“ sein im ersten Moment sehr attraktiv wirkt, wollen wir einmal detaillierter abwägen, wo die Vor- und wo die Nachteile liegen. Denn wo viel Licht ist, gibt es immer auch mindestens einen Schatten.

Vorteile:

  • Durch den Größeneffekt hat man als Verein einen Sonderstatus bei der Politik und wird als wichtiger angesehen. Dadurch können solche Vereine die Sportpolitik in der Region beeinflussen.
  • Mehr Sparten im Verein bieten eine gewisse Flexibilität. Wenn eine Sportart Mitglieder verliert, kann dies durch andere Abteilungen aufgefangen werden.
  • Der Bau und die Unterhaltung eigener Sportstätten ist möglich. Dies macht euch unabhängig von kommunalen Sportstätten und gibt den Vereinen in der Belegung dieser Stätten diverse Möglichkeiten.
  • Das Budget für die Hauptamtlichkeit ist verfügbar. Dies betrifft sowohl die administrative Ebene, wie auch hauptamtliche Stellen im sportlichen Bereich. Dies gibt neue Möglichkeiten in der Strategieentwicklung und bei der Trainingsqualität (z.B. Mitglieder-, Ehrenamtsgewinnung, aber auch andere Themen, die bisher liegen geblieben sind).

Nachteile:

  •  Die Größe des Vereins wird dazu führen, dass sich in den Abteilungen ein gewisses Eigenleben entwickeln wird. Die Schwierigkeit ist es, zum einem am Ende als Führungskraft allen Interessen gerecht zu werden. Daneben entsteht noch das Problem, dass eine gemeinschaftliche Vereinskommunikation schwierig wird. Viele Abteilungen haben noch einmal einen eigenen Social-Media-Kanal oder einen eigenen Newsletter, außerhalb der Kontrolle des Gesamtvereins.
  • Mit zunehmender Größe wird ein Verein unpersönlich. In der Abteilung kennt man im Normalfall noch die meisten Personen, aber das war es dann auch meist. Durch diese fehlende Nähe ist die Bindung der Mitglieder zum Verein deutlich geringer, was wiederrum zu schnelleren Austritten führt, wie man während der Coronapandemie gesehen hat. Der Verein wird in Summe mehr als Dienstleister gesehen und nicht als Gemeinschaft.
  • Der Verwaltungsaufwand eines Großsportvereins ist gigantisch.
  • Das Finden von Ehrenamtlern wird mit zunehmender Größe schwieriger. Die Verantwortung z.B. als Abteilungsleiter ist deutlich höher als bei einem kleinen Verein, wo eine Abteilung nicht aus einigen hundert Mitgliedern besteht. Die Großsportvereine lösen das inzwischen zunehmend so, dass Ehrenamtler als eine Art Aufsichtsrat fungieren und die Arbeit der Hauptamtler kontrollieren.

Schlussendlich kann man sagen, dass Großsportvereine vielleicht gewisse Probleme von kleineren Vereinen nicht haben, allerdings ganz neue Probleme lösen müssen, von denen die anderen befreit sind. Umso größer die Vereine sind, umso mehr werden sie auch wie ein mittelständische Unternehmen geführt und die Entscheidungen entsprechend getroffen. Daraus leitet sich auch ein anderes Selbstverständnis dieser Vereine ab.

 

Das Selbstverständnis von Großsportvereinen

Die Größe erfordert ein anderes Herangehen an Sachverhalte als bei kleineren Vereinen. Man muss mehr proaktiv Agieren als Reagieren und somit auch mehr Gestalten als einen Ist-Zustand zu verwalten. Das hat zum Ergebnis, dass Großsportvereine eine Zielgruppe von Jung bis Alt ansprechen wollen und dementsprechend auch aktiv neue Angebote für alle Zielgruppen im Verein implementieren. Dieses Selbstverständnis zeigt sich aber auch in der schnelleren und guten Umsetzung von neuen Regeln und Standards. Ich denke hier beispielsweise an die Erstellung von Coronakonzepten oder Anpassungen beim Datenschutz. Daneben greifen solche Vereine auch gesellschaftliche Themen wie Inklusion oder Integration auf und führen hierzu Projekte durch. Kleine Vereine haben hierfür einfach nicht die Kapazitäten.
Man spricht dann auch gerne von professionellen Strukturen, die so etwas ermöglichen. Damit geht natürlich auch eine gewisse Erwartungshaltung einher. Mitglieder haben den Anspruch, das Anfragen schnell erledigt werden oder es regelmäßige Sprechzeiten gibt. Sie haben auch eine Erwartungshaltung gegenüber dem sportlichen Angebot. Übungsleiter sollten auch Vormittagsstunden abdecken können oder sich im Ganztagsunterricht oder im Kindergarten engagieren. Wenn es um den Leistungssport geht, sollte es auch einen hauptamtlichen sportlichen Leiter geben. Zusammenfassend kann man sagen, sie wünschen sich Know-How in Schlüsselpositionen und eine gewisse Verlässlichkeit. Der Dienstleistungsgedanke ist also sicherlich vorhanden.
Die Einbindung von ehrenamtlichen Strukturen in einen Großsportverein ist durchaus herausfordernd, weil wir die Situation haben, dass Haupt- und Ehrenamt zusammenarbeiten. In einer idealen Welt könnte die gewählte ehrenamtliche Vereinsführung passiver im Tagesgeschäft werden, Aufgaben delegieren und sich gleichzeitig auf die Repräsentation und strategische Themen fokussieren. In der Realität ist aber meist so, dass das Hauptamt die Strategie entwickelt und sich das Ehrenamt immer wieder unnötigerweise ins Tagesgeschäft einschaltet. Hier muss man als Verein die richtige Balance finden, damit man gemeinsam erfolgreich mehr erreichen kann. Was jeder Verein darüber hinaus benötigt, sind ehrenamtliche Übungsleiter. In einem Großsportverein sollten diese in ausreichender Zahl vorhanden sein und die entsprechenden Lizenzen besitzen bzw. entsprechende Fortbildungen besucht haben.
Spitzensportler und Großsportvereine – das gehört meist auch zusammen. Großsportvereine haben natürlich das Ziel die bestmöglichen Rahmenbedingungen für die Sportler zu schaffen. Mit sehr gut qualifizierten Trainer und guten Sportanlagen schafft man es am Ende auch, eine starke Trainingsgruppen in den verschiedenen Altersbereichen zur Verfügung zu stellen, welche dann auch in den Leistungssport münden können. In der Spitze trainieren dann ggf. Olympiaathleten im Verein und geben dem Verein damit noch einmal eine ganz andere Außenwirkung.
Häufig mündet der Spitzensport, aber auch in der Forderung nach dem Betreiben und dem Bau von eigenen Sportstätten. Wenn die Ansprüche an die Sportstätten steigen und immer mehr Platz gebraucht wird, dann wird es natürlich schwer mit den klassischen Schulsporthallen oder kommunalen Sportplätzen auszukommen. Eigene Sportanlagen machen die Vereine insgesamt auch unabhängiger z.B. gegenüber Hallenschließungen in den Sommerferien, Belegung durch andere Vereine oder dem Schulsport. Die hauptamtlichen Strukturen erleichtern es dabei, sich um Förderanträge zu kümmern und seine eigene Lobby bei der Kommune zu stärken. Dadurch, dass diese Projekte meistens eine Leuchtturmwirkung haben, wird die Lokalpolitik das Ansinnen meist unterstützen.
Durch diesen Einfluss auf die Politik haben Großsportvereine darüber hinaus auch die Möglichkeit in der Quartiersentwicklung mitzuwirken. Die Politik und die Städteplaner sind dankbar für gute Vorschläge. Das kann sich darauf beziehen, wo der Sanierungsbedarf bei einer eigenen aber auch kommunalen Anlage besonders hoch ist oder wo Outdooranlagen in Parks Sinn machen könnten. Gleichzeitig können sich die Vereine aber auch in die gesellschaftliche Quartiersentwicklung außerhalb des normalen Sports einbringen, sei es z.B. Hausaufgabenbetreuung, Sport im Ganztag oder einer Kita. Vielleicht ist sogar der Bau einer eigenen Kita mit Bewegungsschwerpunkt ein denkbarer Weg.

 

Herausforderungen dieser Vereine

Auf das Thema Ehrenamtliche sind wir bereits eingegangen, aber sicherlich bleibt es eine der größten Herausforderungen. Neben dem Finden von geeigneten und gewillten Personen stellt vor allem das parallele Managen dieser Personen (neben den hauptamtlichen Strukturen) Vereine immer wieder vor Probleme. Wenn in einem Vereine an einer wichtigen ehrenamtlichen Position keine oder eine ungeeignete Person sitzt, führt dies mittelfristig zu Konflikten. Aber auch der Verzicht von Ehrenamt ist keine Option. Neben der fehlenden Akzeptanz im Verein ist das auch aus finanziellen Gesichtspunkten nicht machbar.
So schön eigene Sportstätten auch sind, sie sind sehr teuer. Neben dem Bau ist es aber vor allem die Erhaltung, welche den Verein langfristig finanziell belastet. Dies muss aus den unterschiedlichen Vereinseinnahmen in Form einer Mischkalkulation finanziert werden. Der wesentliche Bestandteil sind allerdings weiterhin Mitgliedsbeiträge, welche sich wiederum in der Höhe kaum von den kleinen Vereinen unterscheiden. Im Vergleich bekommen die kleineren Vereine Hallenzeiten von der Kommune umsonst oder gegen eine geringe Miete. Der Großsportverein dagegen baut die Anlage auf eigene Kosten und bekommt ggf. einen Zuschuss von der Stadt oder der Kommune, welcher aber im Verhältnis zu den Gesamtkosten sehr überschaubar ist. Das ist ein gewaltiger Unterschied – finanziell wie auch vom eingegangen Risiko. Das Hauptproblem liegt daran begründet, dass das Sportsystem zur Förderung der Vereine auf dem Durchschnitt angelegt ist und nicht auf Großsportvereine.
Auch die enge Verzahnung zur Politik kann eine Herausforderung werden. Diese Rolle fördert schließlich auch eine gewisse Erwartungshaltung, immer ein Vorreiter sein zu müssen. Gut ist dann nicht mehr gut genug und es braucht immer noch eine Steigerung. Nach einem erfolgreichen Projekt muss gleich das nächste am besten noch größere Projekt folgen. Denn diese Projekte nutzen Politiker natürlich gerne, um sich entsprechend präsentieren zu können. Hier muss man aufpassen, dass man die „All-Parteilichkeit“ wahrt und sich nicht instrumentalisieren lässt.
Solche Projekte können sich dabei auch auf sehr spezifische Themen außerhalb des Sports beziehen, mit welchen sich Großsportvereine auseinandersetzen müssen. Ich denke an Bereiche wie Inklusion oder Prävention von sexueller Gewalt. Hier wird kaum ein Verein einen Experten bei sich im Verein sitzen haben. Diese Projekte sind allerdings gesellschaftlich wichtig. Hier muss man erst einmal einen Ansprechpartner finden – meist entweder beim LSB oder einem sportfremden Interessensverband. Ein Ansprechpartner direkt vor Ort einer anderen Instituation außerhalb der Ballungszentren fehlt aber meist.

 

Fazit

Sollten kleinere Vereine jetzt neidisch auf die eigene Sportanlage, das Geld, die professionellen Strukturen werden? Wir denken nein, weil sie nicht bevorzugt werden und viele Angebote und Projekte in diesen Vereinen einfach aufgrund der Integration hauptamtlicher Stellen möglich sind. Deswegen können wir auch an dieser Stelle gleich die Frage verneinen, ob jeder Verein jetzt danach streben sollte zu wachsen. Wir haben festgestellt, dass Vereine viel vom persönlichen Austausch und dem aktiven Mitgestalten partizipieren. Das geht bei größeren Vereinen zunehmend verloren. Auch die deutlich geringere Bürokratie und die größere Flexibilität sind Argumente für kleinere Vereine. Wenn der Bedarf nach einem größeren Verein in deiner Region da ist, weil viele Personen nach einem Sportangebot suchen, kannst du deinen Verein in diese Lücke hineinentwickeln, aber du solltest es nicht erzwingen. Man sollte einen Verteilungswettkampf bei einem gesättigten Markt schließlich vermeiden und die Ressourcen für wichtigere Sachen verwenden.
Gleichzeitig gibt es aber auch immer mehr Vereine die fusionieren, weil sie Probleme haben, sich eigenständig zu finanzieren oder strukturelle Probleme bei der Mitgliedergewinnung haben. Eine Form, die mittlerweile in fast jeder Liga mit Spielbetrieb angekommen ist, ist die Spielgemeinschaft als „Fusion light“. Hier bleiben meist die Kernvereine eigenständig und sie verschmelzen nur ihren Spielbetrieb – bilden also eine GbR.
Durch Fusionen können aber auch neue Großsportvereine entstehen oder große Vereine nehmen kleine mit auf. Auch das bringt neue Herausforderungen mit sich, da durch Fusionen auch immer ein Stück weit Identität eines Vereins verloren geht. Darauf wollen wir aber an dieser Stelle nicht eingehen.

Wir hoffen, du konntest aus diesem Beitrag viel mitnehmen und kennst jetzt alle wesentlichen Sachverhalte über Großsportvereine. Falls noch Fragen offen sind oder du Themenanregungen hast, kannst du uns gerne unter info@vereinsstrategen.de schreiben. Wenn du uns einen Gefallen tun möchtest, dann empfehle gerne den Blog und Podcast an deine Freunde und Vereinsmitglieder weiter.

Deine Vereinsstrategen
(Martin Schüttler)

Capacon – Die Lösung für eine bessere Hallenauslastung

Capacon – Die Lösung für eine bessere Hallenauslastung

Sportstätten

30% Unterauslastung – leider Realität

 

In diesem Beitrag möchten wir dir ein junges Start-Up aus der Nähe von Koblenz vorstellen. Capacon hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Auslastung der Sporthallen in Deutschland zu optimieren. Da sind wir als Vereinsstrategen natürlich hellhörig geworden, da jeder Sportverein in Deutschland wahrscheinlich dieses Problem kennt:

„Deine Abteilung möchte eine neue Gruppe eröffnen, weil das Kindertraining schon aus allen Nähten platzt und der Verein schon Kinder auf der Warteliste hat. Und dann merkst du beim Blick in den Hallenplan, dass gar keine freien Zeiten mehr existieren. Dabei kommt die Gruppe vom TSV am Mittwochnachmittag doch schon seit 2 Jahren nicht mehr regelmäßig und warum brauchen die 4 Tänzer am Montag eigentlich für 3h die ganze Halle?“

Du nickst jetzt wahrscheinlich zustimmend. Deswegen haben wir uns die beiden Gründer Sophia Haski und Prof. Dr. Lutz Thieme in den Podcast zum Interview eingeladen. Die beiden erklären uns, wie die Sportstättensituation in Deutschland aussieht, was die Probleme sind und wie sie denken, dass Capacon diese Probleme lösen kann. Bei dem Beitrag handelt es sich um eine Zusammenfassung der Podcast-Folge.

Sophia Haski arbeitet aktuell neben ihrem Job als Geschäftsführerin der Capacon GmbH noch an der deutschen Sporthochschule in Köln. Dort hat sie zum einem einen Lehrauftrag für Management, Führung und Innovation, zum anderen unterstützt sie junge Start-Ups aus dem Sportbereich als Gründungsberaterin bei der Umsetzung ihrer Idee. Sie ist studierte Sportmanagerin.

Prof. Dr. Lutz Thieme hat als Sportwissenschaftler einen Lehrauftrag an der Hochschule Koblenz. Er hat jahrelange Erfahrungen in als Vorsitzender eines Großsportvereins und war sogar schon Präsident des Landessportbundes Rheinland-Pfalz. Er hatte die Ursprungsidee zu Capacon und ist ebenfalls Geschäftsführer.

Sportstättensituation in Deutschland

Wenn man über die Sportstättensituation sprechen möchte, muss man auch zurück in die Vergangenheit blicken. In den 70er Jahren wurden durch den „Goldenen Plan“ viele Sportstätten gebaut. Doch leider sind diese nicht so pfleglich behandelt wurden, wie man es mit öffentlichen Eigentum eigentlich tun sollte. Die Folge daraus – die Sportstätteninfrastruktur ist in die Jahre gekommen. Einige Kommunen haben inzwischen begonnen, sich dem Sanierungsstau anzunehmen.
Dies macht aber diverse Entscheidungen notwendig:

  • Welche Halle wird dauerhaft geschlossen?
  • Welche Halle wird durch einen Neubau ersetzt?
  • Welche Hallen brauche ich überhaupt?
  • Wie muss eine Sportstätte bzw. Sporthalle beschaffen sein? Was sind die heutigen Anforderungen?
  • Welche Halle wird zuerst saniert?
  • Wenn ich eine Halle saniere, wohin mit den Sportgruppen in der Zwischenzeit?

Ein Hauptproblem stellt dabei das veränderte Nutzungsverhalten dar. Die Hallen waren auf etwa 30 Jahre ausgelegt und in dieser Zeit hat sich der Konsum von Sportarten stark verändert und damit auch die Anforderungen an die Hallen. So wurden vor 20 Jahren vor allem normierte Flächen benötigt, heute müssen Hallen und der Sportstättenbau an sich flexibler in der Nutzung sein. Vor allem Schwimmbäder stehen deswegen vor einer Umbruchphase. Darüber hinaus muss man sich auch die Interessensgruppen für die Nutzung der Hallen anschauen. Das sind:

  • Der Vereinssport
  • Der Schulsport
  • Der freie Sport

 Grundsätzlich war und ist die Entstehung einer Halle stark an den Schulstandort geknüpft. Das heißt, wo eine Schule ist, ist zur Durchführung des Schulsports meistens auch eine Sporthalle. Aber auf die gesellschaftlichen Veränderungen, wie der demographische Wandel oder die Wanderungsbewegungen in Deutschland beeinflussen den Bedarf von Sportstätteninfrastruktur. Wenn früher junge Leute in ein Stadtviertel gezogen sind, war der Bedarf nach schulischer Bildung für den Nachwuchs und damit auch Sporthallen hoch. Aber wenn das Stadtviertel mit seinen Bewohnern über die Zeit altert, ändern sich auch die Anforderungen bzw. der Bedarf an die Sportstätteninfrastruktur. In andere Viertel ziehen dagegen heutzutage vor allem junge Leute zu, hier fehlen dann ggf. noch Schulsporthallen. Man sieht also, dass die Schulentwicklungsplanung und Hallenplanung eng miteinander verknüpft sind. Falls Hallen recht wenig von Schulen genutzt werden, etabliert es sich deswegen immer mehr die Trägerschaft auf etablierte Vereine zu übertragen.

Auslastungsprobleme und Wachstumshemmnisse für Vereine

Für Vereine, welche aufgrund ihrer angebotenen Sportarten auf Hallen angewiesen sind, sind die fehlende Hallenzeiten einer der limitierenden Faktoren in ihrer Entwicklung. Sie können deswegen nicht so wachsen, wie sie wollen, weil entweder die Sportstätteninfrastruktur es nicht ermöglicht oder es die aktuelle Planbelegung nicht hergibt. Die Fragen nach der Auslastung, also warum sind Hallen leer oder zu gering ausgelastet, und der Abweichung zwischen Real- und Planbelegung wurden bisher zu wenig diskutiert.
Meist ist die einzelne Sporthalle in der Hand der jeweiligen Kommune. Aktuell gibt es in Deutschland rund 30.000 Sporthallen. Der Kommune obliegt es, die Auslastung festzustellen. Dies wird meist über Strichlisten abgefragt. Dies ist sicherlich keine wirklich valide Messung.
Erschwerend kommt jetzt noch hinzu, dass Kommunen Hallennutzungsrechte kostenfrei oder zu einer sehr geringen Gebühr überlassen. Hier stoßen wir dann vermehrt auf folgendes Problem. Wenn ein Verein eine Hallenzeit hat, diese aber sehr wenig nutzt, diese Halle bei ihm aber auch keine wesentlichen Kosten verursacht, welche Motivation hat er dann einer Kommune mitzuteilen, dass er die Halle nicht sinnvoll auslastet? Eine Untersuchung der Uni Saarland hat z.B. herausgefunden, dass es bei denen von ihr untersuchten Sporthallen eine Unterauslastung von 30% gab. Man kann aus dieser Untersuchung aber (noch) keine Rückschlüsse ziehen, dass jetzt alle Hallen in Deutschland in dieser Größenordnung unterausgelastet sind, es kann weniger oder sogar mehr sein. Nur um das einmal in einer vereinfachten Rechnung zu verdeutlichen, was das eigentlich bedeutet, haben wir einmal ein Beispiel konstruiert. Sagen wir in einer Stadt mit 100 Sporthallen gibt es pro Halle 10% Unterauslastung. Das bedeutet aber im Umkehrschluss auch, wenn ich die Auslastung optimiere, könnten theoretisch 10 Hallen geschlossen werden oder es könnten 10% mehr Leute Sport machen. 

Die Lösung von Capacon – 3D-Sensorik

Das Problem, dass es keine validen Daten für die Auslastung gibt und bisher keine Möglichkeit der validen Messung, war das Grundproblem, welches Capacon lösen wollte. Sie verfolgen den Ansatz, über 3D-Sensorik die Auslastung datenschutzrechtlich unbedenklich zu erfassen und damit auch das Energiemanagement mit einem Regelsystem für Gebäudetechnik zu optimieren. Über diese 3D-Sensorik wird jeder Sporttreibende in der Halle als Person erkannt, erfasst und ausgewertet. Die Zielgruppen für ein solches System sind entweder die Kommunen oder Großsportvereine mit eigenen Hallen.
Aktuell hat Capacon zwei Pilotprojekte einmal für eine 3-Felder- und eine 1-Felder-Halle laufen, welche allerdings wegen der Coronapandemie und den dadurch entstandenen Hallenschließungen noch nicht abgeschlossen werden konnten. In diesen Projekten werden noch finale Fragen geklärt, getestet und eingestellt:

  • Wie kann man eine Halle unterteilen?
  • Hat die Halle eine Tribüne für Zuschauer?
  • An welcher Stelle kann man das Spielfeld denn betreten?
  • Wie gehen Personen aus der Halle rein und raus?

Die Gründer sagen, dass dies nur noch Kleinigkeiten sind und das System an sich einwandfrei funktioniert und es somit bereits final praxistauglich ist.

Die Leistung von Capacon ist zweiteilig aufgebaut. Zum einem bekommt man beim Einbau eines solchen Systems periodisch eine Info über die Belegung der Halle. Der zweite Punkt ist aber die Beratung. Hinter Capacon steht kein Algorithmus, welcher ausrechnet, wie die optimale Auslastung wäre, weil dies auch realitätsfremd in der praktischen Umsetzung wäre und am Ende zur Auflösung diverser Sportgruppen führen würde. Die Beratung beginnt mit der Aufklärung über die Technik, damit sich keiner überwacht fühlt und um vorher klar aufzuzeigen, was der Sinn hinter der Einrichtung der Sensoren ist. Im zweiten Schritt und nach der Ermittlung der Daten erfolgt die Beratung zur Optimierung. Hier muss Rücksicht genommen werden auf die über die Jahre gewachsenen Strukturen und die Interessen der diversen Parteien. Diese Parteien müssen, um so ein Projekt erfolgreich zu gestalten, auf Grundlage der Ergebnisse entsprechend abgeholt und mitgenommen werden. Als Ergebnis dieses Prozesses sollten dann bessere Hallenbelegungspläne entstehen.

Capacon wurde für seinen innovativen Ansatz schon im Businessplan-Wettbewerb „1,2,3 GO“ entsprechend ausgezeichnet. Wer Interesse hat, kann das Capacon-Team gerne unter www.capa-con.de kontaktieren. Bzgl. der Kosten ist bei der Erstanschaffung der Sensorik mit einem höheren Fixkostenbetrag zu rechnen, welcher sich über die Laufzeit aber amortisiert. Die variablen monatlichen Kosten sind überschaubar.

Wir hoffen, dass wir dir mit diesem Beitrag einen guten Einblick in den aktuellen Stand der Sportstätteninfrastruktur in Deutschland geben konnten. Wenn ihr das Gefühl habt, dass es in den Hallen, die eurer Verein nutzt, eine hohe Unterauslastung gibt, dann sprecht eure Kommune an und stellt ihnen Capacon einmal vor. Vielleicht ist das der 1. Schritt damit du mehr Hallenzeiten bekommst und dein Verein weiter wachsen kann.

Deine Vereinsstrategen
(Martin Schüttler)