
Zukunftsaufgabe: Nachhaltigkeit im Verein
Vereinsentwicklung
Aktionismus ist ein Fehler
Nachhaltigkeit ist ein Thema, welches in den letzten Jahren noch einmal verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist. Medien bringen beinahe täglich Nachrichten über CO2-Werte, Umweltverschmutzung oder Klimaerwärmung. Doch der Umweltaspekt ist nur ein Bereich von Nachhaltigkeit. Um uns das einmal im Gesamtkontext des Sportes anzuschauen, haben wir uns Vanessa Nord in den Podcast eingeladen. Als studierte Sportmanagerin hat sie sich als Beraterin für Nachhaltigkeitsthemen selbstständig gemacht. Der Beitrag stellt eine Zusammenfassung des Interviews dar.
Nachhaltigkeit – Was ist das?
Man kann den Begriff „Nachhaltigkeit“ grundsätzlich in drei Bereiche unterteilen:
- Soziale Gerechtigkeit
- Ökonomischer Bereich
- Ökologischer Bereich/Umweltverträglichkeit
Traditionell sind Vereine im Bereich der sozialen Gerechtigkeit als stark anzusehen. Schon in den Satzungen ist dies festgelegt. Sie kümmern sich um Themen, wie Gleichberechtigung, Fairness, ein geselliges Miteinander oder auch Integration.
Der ökonomische Bereich umfasst beim Verein schwerpunktmäßig das Ziel, dass die Finanzen so aufgestellt sind, dass langfristig gewirtschaftet werden kann und auch aus rechtlich-steuerlicher Sicht keine unnötigen finanziellen Risiken eingegangen werden. Häufig gibt es in diesem Bereich bei Vereinen schon Schwierigkeiten, weil das Finanzpolster nicht so üppig ist. Meistens begründet dieses Problem auch die Zurückhaltung in der Vereinsführung für den Umweltaspekt.
Die Beschäftigung mit dem ökologischen Bereich für Vereine und Verbände sollte allerdings trotzdem mehr in den Fokus rücken. Durch die „Fridays for Future“-Bewegung sollte den meisten Personen bewusst geworden sein, welche hohe Bedeutung das Thema für junge Menschen hat. Für sie ist Umweltschutz selbstverständlich. Vielleicht hast du selber bei dir im Verein Jugendmannschaften, wo das Thema immer wieder angesprochen wurde.
Wenn man sich als Verein mit dem Thema auseinandersetzt, kann man meist auch deutlich leichter junge Menschen von einer Mitgliedschaft oder einer ehrenamtlichen Arbeit überzeugen. Das Verständnis des Vereins deckt sich dann mehr mit der Überzeugung der (neuen) Mitglieder. Dafür ist es aber notwendig, dass Vereine jetzt ins Handeln kommen und nicht nur darüber diskutieren.
Der Profisport vor allem der Profifußball muss laut der Ansicht von Vanessa Nord beim Thema Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle übernehmen, da er eine hohe Strahlkraft hat und somit auch motivieren kann. Es gibt aber bisher noch keinen Profiverein, der komplett nachhaltig ist. Zwar gibt es schon einzelne Maßnahmen und erst Schritte, doch es gibt noch einige ungelöste Punkte, wie beispielsweise die Mannschaftsanreise per Flugzeug. Doch wie die großen Vereine sollten sich auch Breitensportvereine erst einmal ein Konzept überlegen mit ihren Zielen, die sie erreichen wollen, anstatt mit einzelnen Maßnahmen zu starten.
Start in den Nachhaltigkeit
Vielen Vereinsvertreter denken, man muss alles von Anfang nachhaltig gestalten, wenn man sich für dieses Thema z.B. im Rahmen einer Positionierung entscheidet. Doch das ist ein Trugschluss. Nachdem man sich eine Vision sich überlegt hat, also gesagt hat „Was möchte ich erreichen?“, sollte man am besten überlegen, was sind Dinge, welche ich erst einmal kurzfristig umsetzen kann. Dafür sollte man die Auswirkungen seines Handelns überdenken. Bekannte Beispiele sind die Müllreduktion und -trennung oder die Bildung von Fahrgemeinschaften zu Auswärtsspielen. Den größten Hebel haben Vereine aber sicherlich bei Investitionsprojekten. Das umfasst Themen wie den Kauf von nachhaltigen Sportklamotten, Sportgeräten, die Sportinfrastruktur (z.B. Kunstrasenplätze wegen dem Thema des Mikroplastiks) oder Photovoltaikanlage auf dem Dach des Vereinsheims. Dazu gehört aber im Bereich der sozialen Gerechtigkeit z.B. auch die deutliche Reduzierung der Mitgliedsbeiträge oder Eintrittspreise für benachteiligte Kinder. Eines sollte man sicher aber bewusst werden – Nachhaltigkeit ist ein langfristiges also im Aufbau mehrjähriges Projekt. Die Überlegung, was kann ich zur nächsten Veranstaltung noch schnell zu dem Thema einbauen, zeugt eher von kurzfristigen Aktionismus als von einer langfristigen Strategie. Seid im Verein ehrlich zu euch, ob ihr das Thema im Verein nur verwaltet oder weiterentwickelt.
Für eine Positionierung kann man auch darüber nachdenken, ob man sich als Verein zertifizieren möchte. Schließlich kann man diese besser in der Öffentlichkeit präsentieren – als die Aussage, dass man jetzt nachhaltig ist. Aber hier sollte man sich genau die Frage stellen, ob man die finanziellen Ressourcen für die Zertifizierung opfern sollte, anstelle sie in eine weitere Nachhaltigkeitsmaßnahme zu stecken. Was man allerdings als Richtlinie für seinen Verein verwenden kann, ist die Orientierung an den Kriterien einer Zertifizierung. Dadurch kann man abgleichen, was man vielleicht selber im Verein schon umgesetzt hat, was noch nicht und was man vielleicht schon über eine Zertifizierung hinaus unternimmt. Grundlage für eine Umsetzung einer Positionierung „Nachhaltigkeit“ ist natürlich, dass die Mitglieder im Verein sich dies auch wünschen. Nutzt hierfür das Potential, was im Verein in Form der Mitgliedererfahrungen schlummern. Einige Personen mussten sich im Zuge ihres Berufes oder in der Freizeit sicherlich schon einmal mit dem Thema auseinandersetzen. Hebe dieses Wissen bei dir im Verein!
Greenwashing
Die Gefahr von Greenwashing ist im Sport genauso wie in anderen Wirtschaftszweigen hoch und kommt auch häufig vor. Das liegt daran, dass das Thema häufig mit viel Aktionismus behandelt wird, aber vorher kein konkreter Plan ausgearbeitet wird (siehe oben Vision). Bäume pflanzen in Afrika ist so ein Beispiel. Besser ist es sich zu überlegen, wie man das Thema langfristig angehen möchte. Wenn man seine Arbeit z.B. sichtbar machen und das Bewusstsein seiner Mitglieder erhöhen möchte, macht es mehr Sinn eine Blumenwiese in der Nähe des Vereinsheim anzupflanzen, um dem Insektensterben entgegenzuwirken.
Außerdem sollte man sich immer der Gefahr bewusst sein, dass eine „Lüge“ in Bezug auf Nachhaltigkeit immer wieder auch aufgedeckt werden kann. Die Menschen sind deutlich informierter als früher und das Internet bietet diverse Möglichkeiten Sachverhalte zu überprüfen. Der Imageverlust gegenüber Mitglieder oder auch Sponsoren beim Aufdecken einer solchen Lüge sollte man nicht unterschätzen.
Perspektive für einen Skiverband
Jede Sportart hat einen unterschiedlichen Einfluss auf das Thema Nachhaltigkeit. Der Skisport zählt sicherlich nicht zu den Musterschülern. Der Umweltaspekt mit der Nutzung von Schneekanonen und der Zerstörung der Landschaft ist den meisten bewusst. Aber wenn es man es durch die Brille der sozialen Gerechtigkeit betrachtet, ergeben sich ebenfalls Probleme. Skisport wird ein immer teurer und ein damit elitärer Sport, den sich eine Durchschnittsfamilie nur noch schwer leisten kann. Das erzeugt für die Skiverbände das Problem, wie sie für die Sportart überhaupt noch junge Athleten gewinnen soll. Aus diesem Grund hat Vanessa Nord mit dem hessischen Skiverband und dessen Jugend ein Projekt gestartet. Der 1. Schritt war die Erstellung der Vision. Diese hat nur zwei Sätze und zwei Hauptziele. Zum einem sollen die Mitglieder und anderen Interessensgruppen über das Thema Nachhaltigkeit informiert und gebildet werden, zum anderen geht es auch darum als Verband und Sportart nachhaltiger zu werden und deswegen konkrete Projekte umzusetzen. Die Informationspolitik wird aktuell vor allem über Instagram umgesetzt, weil man auch eine junge Zielgruppe ansprechen möchte. Der Skiverband erhofft sich über diesen Weg auch neue Engagierte für die diversen Projekte in dem Themenfeld zu gewinnen. Wie meistens leidet der Verband nämlich darunter, dass er bisher nur die Menschen für das Thema ansprechen konnte, welche sich bereits regelmäßig engagieren. Außerdem sollen über diesen Kanal auch die Nachhaltigkeitsfortschritte präsentiert und gezeigt werden, um neue Leute für das Thema zu motivieren und ihnen zu zeigen, dass etwas vorangeht und sich ändert. Dabei achtet der Verband auf flache Hierarchien und zeitlich begrenzte Arbeitspakete (lies hier noch mal, wie man Ehrenamtsarbeit organisieren sollte).
Wenn man sich noch einmal mehr mit dem Thema beschäftigen möchte, empfiehlt Vanessa Nord die Internetseite zu den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN. Hier kann man bereits gut reflektieren, was die Umsetzung von gewissen Zielen für deinen Verein bedeuteten würde. Schaut euch bevor ihr mit der genauen Umsetzung anfangt, auch die Förderungsmöglichkeiten durch die verschiedenen Verbände an. Hier gibt es aktuell ein breites Angebot.
Wir hoffen, dass du aus diesem Beitrag viel mitnehmen konntest. Falls du mehr Informationen zu Vanessa haben oder sie kontaktieren möchtest, dann empfehlen wir ihre Website. Falls du sonstige Fragen oder Anregungen hast, schreib uns gern eine E-Mail an info@vereinsstrategen.de. Wenn Dir unser Podcast gefällt, würden uns freuen, wenn du uns weiterempfehlen würdest.
Deine Vereinsstrategen
(Martin Schüttler)