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Digitalisierung umsetzen im Verein

Digitalisierung umsetzen im Verein

Digitalisierung

Digitalisierung im Verein ist ein Marathon

 

Die Digitalisierung im Verein umzusetzen, gestaltet sich nicht immer ganz einfach. Für viele Engagierte ist es das erste Mal, dass sie sich intensiv mit ihren Prozessen im Verein beschäftigen müssen und dann entscheiden sollen, ob und wenn ja, wie sie diese Prozesse digitalisieren sollen. Deswegen sprechen wir im zweiten Teil des Interviews mit dem Vereinsdigitalisierungsexperten Philipp Tramm, wie er konkret die Digitalisierung als Berater bei einem Verein angeht. Der Blogbeitrag stellt eine Zusammenfassung der Podcast-Episode dar.

Der Verein kennt sich selbst am besten

Fallstricke im Verein, Konflikte oder die Persönlichkeit der Mitglieder und Ehrenamtler – alles das kennt der Verein und dessen Führungsriege viel besser als jeder externe Berater. Trotzdem kann es Sinn machen für schwierige oder auch neue unbekannte Themen einen externen Berater zu konsultieren, wenn diese Experten auf diesem Gebiet sind. Das heißt aber nicht, dass er euch die Lösung sofort präsentieren kann, sondern diese muss erst gemeinsam entwickelt werden. In den ersten Gesprächen geht es unter der Beachtung der finanziellen aber auch personellen Ressourcen des Vereins um folgende Punkte:

  • Klärung des Anliegen des Vereins – „Ich möchte digitalisierter werden.“
  • Besprechung der Probleme im Verein – „Wir haben Mitgliederschwund, weil wir als nicht modern wahrgenommen werden“
  • Definition der Erwartung des Vereins an die „Beratung“ – „Wir wollen, dass wir am Ende der Beratung wissen, welches Mitgliederverwaltungssystem wir nehmen“
  • Wünsche formulieren für die Umsetzung „Wir wollen auf jeden Fall über dieses System E-Mails an die Mitglieder versenden können“

Aus diesen Gesprächen werden dann gemeinschaftlich eines oder mehrere Szenarien entwickelt, wie eine Begleitung aussehen könnte. Das würde im Fall einer Mitgliederverwaltung einmal bedeuten, dass im ersten Schritt die Zielsetzungen festgelegt werden sollen und erst im zweiten Schritt dann die Anforderungen definiert werden, die die Mitgliederverwaltung unbedingt oder möglichst abdecken sollte. Diese verschiedenen Anforderungen werden dann in einem Anforderungskatalog gesammelt. Die Sammlung der Anforderungen erfolgt im Normallfall in Form von Workshops.

Fehler, die häufiger gemacht werden

Es kommt immer wieder vor in der Beratung, dass Vereine erst externe Personen ansprechen, wenn sie sich die Frage stellen „Welche Software nehmen wir jetzt?“. Das ist aber erst der dritte Schritt. Hier können wir nur empfehlen, wieder beim ersten Schritt zu beginnen, sonst wird man mit dem Ergebnis unzufrieden sein, weil auf einmal Anforderungen an die Software im Betrieb gestellt werden, die sie gar nicht leisten kann.
Doch es kann sich bei einer Beratung auch herausstellen, dass das Problem ein ganz anderes ist, als das, wofür der Berater ursprünglich engagiert wurde. Gehen wir zurück auf das Beispiel: „Wir haben Mitgliederschwund, weil wir als nicht modern wahrgenommen werden“. Wenn sich herausstellt, dass der Mitgliederschwund andere Ursachen hat, muss man wieder zum ersten Schritt zurück gehen und die Erwartung des Vereins entsprechend anpassen. So könnte die Engagementförderung viel wichtiger sein, um das Problem zu lösen.

Viele Perspektiven helfen

Die ersten Gespräche zwischen einem Berater und einem Verein finden meist im kleineren Kreis statt, also meist der Vorstand manchmal noch ergänzt durch ausgewählte Personen aus dem Verein, für die das entsprechende Digitalisierungsthema sehr relevant ist. Dadurch wird meist aber nur eine Perspektive des Projektes dem Berater präsentiert. Deswegen werden zur Entwicklung der Szenarien schon zu einem frühen Zeitpunkt Workshops angesetzt, wodurch weitere Perspektiven eingebracht werden. Wenn ihr im Verein z.B. den Trainingsbetrieb digitalisierter aufstellen wollt, wäre es sicherlich nützlich die Meinungen und Anforderungen der Übungsleiter gehört zu haben. Schließlich arbeiten diese am Ende täglich mit der erarbeitenden Lösung. Ziel sollte es sein, dass am Ende alle Personen, die aktiv von der Veränderung betroffen sind, im Rahmen von Workshops einzubinden. Hier kann man besprechen, wo wollen wir hin, welche Projekte sollen überhaupt angegangen werden, wie könnte das aussehen und welche Personen benötigen wir dafür? Immer wieder stellt man in den Workshops auch fest, dass in einer anderen Abteilung für ein bestimmtes Problem auch schon eine (digitale) Lösung vorhanden ist. Dies passiert, weil viele Abteilung parallel zueinander arbeiten und zu selten intensiv zusammen. Im Sinne des Gesamtvereins sollte geprüft werden, ob diese Lösung auch für die anderen Abteilungen sinnvoll ist. Dies kann dann in den Anforderungskatalog aufgenommen bzw. kann relativ einfach auf den Gesamtverein ausgerollt werden. Ein Beispiel wäre die Nutzung einer Cloud in einer Abteilung, welche vom gesamten Verein genutzt werden könnte.

Es ist ein Marathon

Eine Umsetzung eines Digitalisierungsprojektes kann leider lange dauern. Die Dauer hängt vom Engagement und der Einsatzbereitschaft der Beteiligten ab unter der Berücksichtigung der zeitlichen und finanziellen Ressourcen – und natürlich auch von der Ausgangssituation in eurem Verein. Wenn ihr die Daten, die ihr in eine Mitgliederverwaltungssoftware einpflegen wollt, in diversen Excellisten vorliegen habt oder sogar nur analog auf Papier, dann dauert so ein Projekt durch die Notwendigkeit der Einpflege der Daten in die Datenbank natürlich deutlich länger.
Um ein Projekt wiederum zu beschleunigen, kann es sinnvoll sein sich externe technische Unterstützung in den Verein zu holen. Dies macht vor allem dann Sinn, wenn ihr diese technische Kompetenz nicht bei euch im Verein habt. Dies wären dann aber weitere Kosten, die neben der Anschaffung der Mitgliedersoftware auf euch zukommen.
Final kann man sagen, dass eine solche Umsetzung einer Mitgliederverwaltungssoftware im besten Fall mehrere Monate dauert, im Normalfall aber ein Jahr und mehr. Schon allein die erstmalige Aufnahme der Prozesse in den Workshops und die Diskussion und Entwicklung der möglichen Transformation dauert meist länger, als von den Vereinen gedacht. Dies offenbart auch, warum es sich als schwerer Fehler erweisen kann, wenn man den dritten Schritt einfach vorzieht und eine Software kauft. Der Verein dreht sich unnötig im Kreis, wenn er im Nachgang die anderen Schritte nachholen möchte und verbraucht damit unnötig zusätzliche Ressourcen im Verein. Meist versandet der Wandel des Prozesses dann im Laufe der Zeit, weil die handelenden Personen frustriert sind oder nicht mehr ausreichend Ressourcen zur Verfügung stehen.
Doch auch, wenn ihr alle Schritte in der richtigen Reihenfolge geht, kann die Gefahr bestehen, dass die Beteiligten die Motivation am Projekt bei der Umsetzung verlieren, weil sie keine ausreichenden Erfolgserlebnisse haben. Berater nutzen hierfür im Aufbau des Projektmanagements zwei Tricks. Es wird zum einem der Gesamtprozess in Etappen unterteilt. Diese Etappenpunkte stellen Zwischenziele da. Durch das Erreichen dieser Ziele schafft man auch während eines Projektes Erfolgserlebnisse. Das motiviert und lässt das gesamte Projekt vom Gefühl her kürzer wirken. Ein Zwischenziel bei der Mitgliederverwaltungssoftware könnte z.B. die Fertigstellung des Anforderungskatalogs oder der Vergleich von zwei Softwaren sein. Der andere Tipp ist, die Leute zu Betroffenen zu machen. Lass sie fühlen, wie grausam sich der aktuelle Prozess in der täglichen Arbeit anfühlt und zeige auf, wie einfach der Prozess erst wird, wenn die Arbeit abgeschlossen ist. Dies hilft, dass sie die letzten Meilen zur Fertigstellung des Projektes noch gehen.

Beratungsresistenz

Doch was kann man tun, wenn die Basis gerne eine Veränderung möchte, vielleicht sogar beraten werden will, aber es in den Führungskreisen Widerstände gibt? Dann sollte man auf jeden Fall nicht aufgeben. Versucht für eure Ideen Menschen zu begeistern und diese auch mitzunehmen, um eine größere Stimme im Verein zu haben. Zur Überzeugung von Mitgliedern ist eine sachliche Argumentation das Gebot der Stunde. Dann können die gewählten Organe euer Anliegen nicht einfach unter Tisch fallen lassen, sondern müssen sich öffnen. Wir stellen immer wieder bei der Beratung fest, dass sich mit externer Begleitung im Anschluss weitere Türen für Veränderungen öffnen, die vorher scheinbar fest verschlossen waren.

Falls du noch Fragen zur Podcastfolge oder zum Blogbeitrag hast, kannst du uns sehr gerne unter info@vereinsstrategen.de schreiben. Wenn dir das Artikel gefallen hat, abonniere gerne unseren Podcast und empfehle uns weiter. Wenn du mehr von Phillipp seiner Arbeit erfahren möchtest und in seinem Blog alles wissen möchtest über die Digitalisierung im Verein, dann klicke hier.

Deine Vereinsstrategen
(Martin Schüttler)

 

Fundraising in Aktion – „Lütt schwimmt“

Fundraising in Aktion – „Lütt schwimmt“

Fundraising

Mit einer „coolen“ Idee zu 5.000 Euro

 

Bei 4 Grad Wassertemperatur am 1. Weihnachtsfeiertag in der Nordsee Schwimmen gehen und das alles für einen guten Zweck. Das ist die grobe Zusammenfassung der Aktion „Lütt schwimmt“. Doch wir wollen in diesem Beitrag hinter die Kulissen schauen und dir damit ganz praktisch erklären, wie eine gelungene Fundraisingaktion auch mit überschaubaren Umfang möglich ist.

Die Idee für die Aktion kam dem Vereinsstrategen Pascal und Lena Lütt, als ihr Vater Frank Lütt ein oberkörperfreies Selfie von seinem regelmäßigen Schwimmen in der Nordsee bei ungemütlichen Temperaturen bei Facebook gepostet hatte. Die Reaktionen und Kommentare bei Facebook, aber auch die persönlichen Nachfragen bei Lena über die sportliche Aktivität ihres Vaters, gaben ihr das Gefühl, dass man diese Aufmerksamkeit doch irgendwie nutzen könnte. Recht schnell war die Aktion „Lütt schwimmt“ geboren und sogar ein eigenes Branding und Corporate Design war zeitnah erstellt. Und mit der Zeit und dank penetranter Nachfrage durch Lena, ließ sich der Vater dann auch überzeugen, als Hauptprotagonist für die Aktion bereitzustehen.

Die Spendenaktion im Detail

Die Aktion hat wie folgt ausgesehen. Da es schwierig ist, große Entfernungen im offenen Meer im Winter zurückzulegen, entschied man sich, dass es Frank möglichst lange schwimmend im Meer aushalten sollte. Bevor das eigentliche Schwimmen gestartet war, mussten sich die Spender registrieren. Für eine Minute, die Frank im Wasser bleib mussten sie einen Betrag wählen, welcher dann entsprechend mit den geschwommenen Minuten multipliziert wurde. Die Registrierungsmöglichkeit der Spender erstellte Lena mit einem selbstgestaltetem Google Forms im Design der Aktion.

Da Facebook schon bei dem privaten Post von Frank so gut geklappt hatte, entschied sie sich auch für eine Facebookseite für die Aktion „Lütt schwimmt“. Gegen Instagram wurde sich bewusst entschieden, weil die angestrebte Zielgruppe nicht dort vorhanden ist. Lena sagte allerdings selber, wenn so eine Aktion von einer jungen Frau gemacht worden wäre, hätte sie Instgram auf jeden Fall mit dazu genommen. Es wurden zu Beginn auf der Seite unregelmäßig Posts abgesetzt, meistens wenn Frank mal wieder schwimmen war. Einen richtigen Redaktionsplan mit mehreren Posts am Tag gab es erst in der letzten Woche vor dem Event.  Der Zeitraum zwischen der Eröffnung der Facebookseite und dem Event waren nur knapp 4 Wochen. Trotzdem hatte die Seite über 100 „Gefällt mir“-Angaben. Doch viel entscheidender war die Reichweite, die mit einzelnen Posts erreicht wurden. In der Spitze waren es bis zu 12.000 Personen. Dies war möglich, weil der Beitrag mehrfach geteilt wurde von Personen mit einer hohen Reichweite und weil Frank es natürlich auch auf seiner eigenen Seite geteilt hat. Aber auch in regionale Facebookgruppen wurde der Beitrag geteilt, welche teilweise mehrere tausend Mitglieder umfassten.

Jetzt muss man zu Frank allerdings wissen, dass er Sportreporter für eine Regionalzeit in Cuxhaven ist. Dadurch hat er in der Region eine größere Bekanntheit, was natürlich definitiv geholfen hat, dass die Reichweite erhöht wurde. Hinzu kam, dass sein Arbeitgeber jedes Weihnachten eine Charityaktion durchführt. So konnte die Aktion „Lütt schwimmt“ an die Aktion der Zeitung angedockt werden. Das bedeutet, dass das Geld aus der Aktion ebenfalls, wie das Spendengeld, was die Zeitung generiert hatte, der Cuxhaven Tafel zugutekam. Dies schafft bei den Spendern natürlich ein höheres Maß an vertrauen, dass mit den Spendengeldern ordentlich umgegangen wird. Auch musste so für die Aktion kein spezielles Spendenbankkonto eingerichtet werden. Und natürlich konnte auch die Reichweite der Zeitung genutzt werden, da diese kleinere Artikel über die Aktion veröffentlichte, sowohl bei Facebook als auch in der Printausgabe.

Der Inhalt bei Facebook bestand im Schwerpunkt aus Fotos. Lena merkte allerdings auch schnell, dass Videos besser ankamen und lies sich gerade kurz vor der Aktion auch kreativere Videos einfallen, welche eine größere Reichweite erzielten. Besonderen Wert bei den Posts legte sie dabei auf das Storytelling rund um die sportliche Vorbereitung für den großen Tag. So berichtet Frank in einigen Videos, wie es ihm im jeweiligen Training ergangen war.
Am 25. Dezember wurde dann die Aktion gestartet, Frank schaffte es 15 min im Wasser zu bleiben. Einige waren trotz Coronas an den Strand gekommen für alle anderen gab es einen Facebook-Livestream per Handy, wo Frank auch die Zuschauer online auch begrüßt hatte. Live sahen es etwa 40 Personen und rund 100 Personen zeitversetzt. Der Facebook-Beitrag, wie lange er durchgehalten hatte, hatte die höchste erzielte Reichweite der gesamten Aktion. Selbst einige Spenden gingen nach dem Schwimmen noch ein, obwohl es so eigentlich gar nicht so angedacht war. Am Ende wurden für 15 min eiskaltes Schwimmen 5.000 Euro eingesammelt.

Die Erfolgsfaktoren dieser Fundraisingaktion

Zusammengefasst kann man festhalten, dass folgende Punkte den Erfolg der Aktion ermöglicht haben:

  • Franks eher außergewöhnliches Hobby bei eiskaltem Wetter im Meer schwimmen zu gehen, ist sicherlich spannender als ein Schulspendenlauf. Außerdem ist Leistung außergewöhnlicher auch vom Eventcharakter. Der Schneesturm blieb ihm am Eventtag zwar erspart, er hat allerdings auch bei einer Trainingseinheit unter diesen Bedingungen gefilmt.
  • Frank als regionale Bekanntheit hat sicherlich geholfen, das die Aktion in der Breite ein Erfolg wurde. Er konnte auf ein bestehendes Netzwerk zurückgreifen bzw. hat durch seine Bekanntheit Leute erreicht, die er selber nicht kannte.
  • Es gab durch die Corona-Pandemie einen Grund, wieso besonders die Tafeln und die Leute, welche auf diese angewiesen sind, Hilfe gebraucht hatten.
  • Richtiges Storytelling ist entscheidend, um die Aktion mit Leben zu füllen und zu emotionalisieren. Also wieso macht er das, was macht er da, wie waren die Anfänge der Aktion, wie ist er zu dem Hobby gekommen, was macht er noch nebenbei?
  • Der Zeitpunkt war zu Weihnachten gut gewählt. Alle hatten frei und die Spendenbereitschaft ist höher.
  • Das Branding sollte professioneller wirken, als die Aktion eigentlich war. Dies schafft bei den Spendern Vertrauen.
  • Es gab mit der Zeitung einen starken Partner, sowohl für die Bekanntheit der Aktion als auch für die Seriosität beim Spenden.

Rückblickend würde Lena bei der nächsten Aktion wahrscheinlich noch mehr mit Videos arbeiten und sich dafür auch ein Konzept überlegen, welches z.B. mehr witzige Elemente enthalten würde. Dafür müsste dann allerdings auch mehr Zeit investiert werden. Der Aufwand für die erste Aktion war noch recht überschaubar. Genügend Ideen für eine abgewandelte Form der ersten Aktion hat Lena auf jeden Fall schon Im Kopf. Wir können also gespannt sein, was uns nächstes Jahr zu Weihnachten erwartet.

Wenn ihr jetzt eure eigene Aktion plant, seid kreativ und kopiert nicht einfach. Selbst wenn eine kreative Aktion vielleicht nicht so viele Spenden einsammelt, wie erhofft, habt ihr immer noch mehr als vorher und lernt daraus. Schließlich kann auch keiner sagen, dass ihr mit Altbewährten mehr eingesammelt hättet.
In diesem Sinne viel Erfolg bei deiner nächsten Fundraisingaktion.

Deine Vereinsstrategen
(Martin Schüttler)