
Stellenprofile im Ehrenamt
Ehrenamtsgewinnung
Aussagekräftige Stellenprofile schaffen
Aus unseren bisherigen Beiträgen und Folgen, weißt du, dass uns die Gewinnung von Ehrenamtlichen ein zentrales Anliegen ist. Deswegen wollen wir in diesem Beitrag einmal darauf eingehen, wie du überhaupt ermittelst, was für einen Bedarf an Ehrenamtlichen du hast und wie du diesen schlussendlich auch erfolgreich anwerben kannst. Denn nichts ist frustrierender als immer Absagen von potentiellen Ehrenamtlichen zu bekommen, nur weil du sie für die falsche Position ansprichst, oder am Ende Positionen mit Ehreanmtlichen zu besetzen, wo du mit der erbrachten Leistung nicht zufrieden bist.
Grundsätzlich solltest du dir vorher natürlich erst einmal Gedanken machen, wie sprichst du Leute bisher überhaupt an. Es kommt immer wieder vor, dass potentielle Ehrenamtliche nebenbei, in einem unruhigen Umfeld (z.B. Turnhalle) angesprochen werden und wenn sie dann Details zur möglichen Arbeit wissen wollen, diese Fragen vielleicht gar nicht alle beantwortet werden können. Und im schlimmsten Fall ist noch Zeitdruck da, weil die Stelle in 2 Wochen besetzt sein muss, da der Vorgänger kurzfristig ausscheidet.
Wie macht man es also besser?
Die Suche bzw. die Vorbereitung für die Suche für einen Nachfolger beginnt schon lange bevor die Stelle überhaupt frei wird. Denn im ersten Schritt müssen wir eine Analyse der Tätigkeiten im Verein vornehmen – diese nennt man Bedarfsanalyse. Dieses Vorgehen ist für alle Positionen im Verein anwendbar, egal ob es sich um eine Wahlposition handelt oder etwas anderes. Schauen wir uns erst einmal die Aufgabenarten an, welche im Verein auftreten:
- Dauerhaft, also alles was immer wieder anfällt. Diese Aufgaben gibt es im Verein am meisten wie Trainer, Vorstandsarbeit oder Platzwart.
- Einmalige Aufgaben (Kuchenverkäufer beim Sommerfest, Aufbau der Hüpfburg beim Kinderfest, Streckenposten bei der Laufveranstaltung)
- Vorrübergehende Aufgaben in Form einer Projektarbeit für die nächsten X Monate (z.B. Neuverlegung Fußboden im Vereinsheim und Streichen der Wände) oder auch als Vertretung für jemanden, der aktuell krank ist
- Spontane Aufgaben, wenn z.B. jemand krank ist und du sofort Ersatz oder einen Springer brauchst. Beim Sommerfest bekommt der Helfer an der Hüpfburg einen leichten Sonnenstich und jemand muss jetzt aufpassen, dass die Kinder keinen Unfug treiben und sich niemand verletzt.
Wie gehe ich vor?
Du brauchst im ersten Schritt erst einmal einen Überblick über all die Aufgaben und Tätigkeiten, die es bei dir im Verein gibt. Wir empfehlen dafür eine Sitzung des Vorstandes oder eine ähnliche Veranstaltung zu nutzen und das Thema offen anzusprechen. Es macht durchaus Sinn, das in einer größeren Runde zu besprechen bzw. sich auszutauschen, da man selbst mal schnell Kleinigkeiten vergessen kann. Jemand anderes hat mit seiner Sicht auf deine Arbeit oder auf die Aufgabe vielleicht noch etwas zu ergänzen. Du trägst mit dieser Analyse dazu bei, dass das gesammelte Wissen des Vereins auch im Verein bleibt und nichts verloren geht und ihr zukünftig gezielter Freiwillige ansprechen könnt.
Insgesamt besteht so eine Analyse aus vier Punkten, welche du bzw. ihr so abarbeiten solltet.
1. Schreibe alle Aufgaben (dauerhaft, einmalig, vorübergehend/temporär, spontan), die bei dir im Verein anfallen können, auf und schaue, ob und von wem die Aufgeben aktuell erledigt werden. Dabei solltest du dir folgende Fragen stellen:
- Wie wichtig ist die Aufgabe für die Erreichung des Vereinsziels?
- Ein Vorstandsposten umfasst natürlich mehrere Aufgaben und ist damit etwas wichtiger, als jemand, der den Kiosk beim Heimspiel organisiert. Hier kristallisiert sich dann auch gleich eine Priorisierung heraus.
- Wie ist der Verein auf den Positionen bzw. bei der Aufgabe besetzt?
- Ist die Position als Sportwart bspw. vakant und ist dies gleichzeitig eine wichtige Aufgabe bei dir im Verein, so besteht dort eher Handlungsbedarf als bei anderen Aufgaben.
- Wie zukunftsfähig ist diese Besetzung?
- Es gibt verschiedene Lebensphasen bei einem Menschen, die sich auch auf das Engagement auswirken. Du solltest zumindest einen groben Überblick haben, ob es vielleicht einen freiwillig Tätigen gibt, der demnächst weniger Zeit für seine Aufgabe hat und dementsprechend ersetzt werden muss.
- Kenne ich den exakten Bedarf für den Verein überhaupt?
- Bei Wahlämtern, die in der Satzung stehen, mag diese Frage einfach zu beantworten sein. Aber wie schaut es bei der Anzahl der Helfer aus, die du für die Kinderdisko brauchst? Und da kannst du gerne auch noch etwas kleinteiligere Überlegungen anstellen. Sind die Aufgaben fürs Dekorieren von drei Leuten zu stemmen oder wären fünf Helfer vielleicht besser? Sprichwort ist hier: „Viele Hände – schnelles Ende“
- Brauchst du wirklich jeden Posten im Verein oder gibt es vielleicht sogar Doppelstrukturen, die man abbauen kann.
- Die Arbeit auf vielen Schultern zu verteilen, sehen wir durchaus positiv. Aber unnötig doppelte Arbeit zu haben, macht wenig Sinn. Ein Beispiel, der Kassenprüfer in einer Abteilung prüft die Kasse und dann wird diese noch einmal separat vor der Jahreshauptversammlung des Vereins geprüft. Wenn das nicht in der Satzung so vorgesehen ist, wieso müssen zwei ehrenamtliche Instanzen die gleiche Kasse prüfen? Versuche dir doppelte Arbeit zu sparen. Meistens sind noch mehr Personen involviert als nur die Kassenprüfer und somit fällt also noch mehr Aufwand weg. Und wenn es in der Satzung bei euch vorgeschrieben ist, dann überlege genau, ob das wirklich so sein muss.
- Kannst du Ressourcen und Aufgaben aus verschiedenen Abteilungen bündeln und damit Leute entlasten?
- In der Wirtschaft wird das schon gemacht – wieso nicht auch in Vereinen? Zum Beispiel kannst du für die Buchhaltung jemanden auf geringfügiger Basis anstellen und damit ehrenamtliche Kassenwarte entlasten bzw. überflüssig machen. Ab einem gewissen Grad an Aufwand ist das durchaus sinnvoll und die Leute können sich dann anderen Aufgaben im Verein widmen. Ein anderes Beispiel ist, dass man kleinere Abteilungen zusammenlegen könnte, damit nicht mehrere Abteilungsleiter benötigt werden.
2. Mache den Leuten klar, worauf sie sich einlassen. Wenn du möglichst genau erfasst, was der- oder diejenige bei einer Aufgabe zu erledigen hat, dann erhöht das die Chance auf eine Zusage. Erstelle quasi kleine Stellenausschreibungen für deinen Vorstand und alle dauerhaft anfallenden Aufgaben. Du musst natürlich nicht konkret festhalten, wie die Aufgaben erledigt werden sollen, sondern einfach nur, wer für was zuständig ist. Damit wird manchen Personen auch erst einmal klar, wie viel Arbeit hinter einem Vorstandsposten stecken kann. Der Königsweg ist es dann, diese Aufgabenbeschreibungen mit dem geschätztem Zeitaufwand (wöchentlich/monatlich) zu verfeinern und Ansprechpartner, die dich unterstützen, hinzuzufügen. Das sollte dann in etwa so aussehen:
„Der Jugendwart meldet die Mannschaften bis zum 15.05. zum Spielbetrieb und spricht sich vorher mit den Trainern ab“ oder
„Der Stationsleiter Laufstrecke stellt die ordnungsgemäße Kennzeichnung und Vermessung der Strecke sicher. Die Vermessung wird mit Sabine durchgeführt, weil diese beim Landesamt arbeitet und Erfahrung hat.“
Vielleicht gibt es für regelmäßige Veranstaltungen ja auch mit der Zeit Checklisten, wo regelmäßige Aufgaben und Zuständigkeiten aufgeführt werden. Das ist auf jeden Fall eine unserer Empfehlungen, weil grade bei Veranstaltungen schnell mal ein „Personalwechsel/Helferwechsel“ stattfindet und sonst Wissen verloren gehen könnte.
3. Befrage deine Mitglieder, was sie möchten und welche Schwerpunkte sie zusätzlich setzen würden, neben den Sachen, die ihr bereits ausgearbeitet habt. Damit beteiligt man die Mitglieder am Prozess und fördert ihre Zustimmung und Mitarbeit. Stichwort ist hier :“Die Transparenz der Vereinsarbeit“. Wenn du in einem Vorstandsteam bist, bist du schließlich von den Mitgliedern gewählt, um ihre Interessen zu vertreten und nicht nur deine eigenen. Das soll jetzt gar nicht so klingen, als ob du nur eigene Ziele verfolgst, aber woher sollst du auch wissen, wer noch eine tolle Idee für deinen Verein oder deine Abteilung hat, wenn du dich nur mit den gleichen Leuten umgibst oder im schlimmsten Fall Dinge alleine regeln musst. Durch den Austausch mit den Mitgliedern gibt es zusätzliche Ideen und es bietet dir die Chance direkt mit Mitgliedern, welche sich ein Engagement vorstellen können, in Kontakt zu kommen und diese direkt einzubinden. Wenn du zum Beispiel eine neue Idee hast oder eine Verbesserungsmöglichkeit bei einer Veranstaltung siehst, kannst du dich somit bei der Umsetzung selber entlasten. Für diesen Schritt eignet sich entweder die Jahreshauptversammlung, wenn ihr dort auch gemeinsam arbeiten wollt bzw. euch offen austauscht, oder du lädst zu einem gemeinsamen Abend ein und jeder, der Lust hat, kann kommen.
4. Jetzt wird es etwas abstrakter. Du solltest nämlich auch bedenken, ob es Trends gibt, die sich auf die Bedarfe auswirken und diese verändern können? Wir haben dafür einmal einige Beispiele ausgewählt:
- Steigende Mobilität von jungen Mitgliedern – Können diese noch langfristig in die Vereinsarbeit eingebunden werden oder ziehen sie in die nächste Stadt?
- Gleiche Altersgruppe – Spreche ich mit meinen Themen noch meine Zielgruppe an, oder gibt es andere Initiativen, die sich besser präsentieren und mir damit Helfer wegnehmen?
- Digitalisierung – Gibt es Aufgaben, die zukünftig leichter/schneller erledigt werden können, wenn der Verein Software einsetzt oder fallen diese Aufgaben zukünftig evtl. ganz weg?
Vielleicht merkst du nach den vier Punkten jetzt schon, an welcher Stelle Leute fehlen könnten. Und wenn du das für alle wichtigen Tätigkeiten durchspielst, findest du auch Lösungen für die kleinen Probleme. Die Priorität liegt natürlich erst einmal auf den dauerhaften Aufgaben wie den Vorstands- und Trainertätigkeiten. Für die spontanen Bedarfe brauchst du eigentlich keine große Auflistung machen. Dir sollte nur bewusst sein, dass es sie gibt und dich mit den Verantwortlichen für deine Veranstaltungen austauschen.
Wie lege ich los?
Schreib doch einfach mal auf, was zu deiner Tätigkeit gehört. Immer mal wieder festzuhalten, was du so machst, hilft dabei ein gutes Bild von der Arbeit und von dem Aufwand zu bekommen. Als nächstes solltest du erfassen, welches Wissen und welche Voraussetzungen du für diese Aufgaben mitbringst bzw. was du auch selbst lernst. Mit diesen Informationen kannst du dann den perfekten Nachfolger viel leichter suchen, wenn du ihn brauchst.
Wenn du diese Fragen für dich beantwortet hast, dann solltest du im nächsten Schritt auf deine Engagierten im Verein zugehen und bei ihnen die Bedarfe und Wünsche abfragen. Hierzu musst du sie für die Erfassung ihrer Tätigkeiten und Aufgaben ermutigen und für die Wichtigkeit des Themas sensibilisieren. Damit bekommst du auch ein gutes Gespür für: Wer möchte gerne mehr oder weniger machen? Wer benötigt vielleicht eine Fortbildung zur Unterstützung? Möchte vielleicht jemand mehr machen und hat tolle Ideen? Fühlen sich die Freiwilligen wohl mit ihrem Engagement?
Damit hast du 1) die Möglichkeit herauszufinden, ob du überhaupt mehr Freiwillige brauchst oder ob der Bedarf sich intern auffangen lässt, und 2) lernst du wieder mehr über deine Freiwilligen und kannst auf ihre Wünsche und Bedürfnisse eingehen. Damit vermeidest du, dass sie unzufrieden mit ihren Aufgaben sind und sich komplett zurückziehen.
Beachte allerdings, dass du diese Erkenntnisse am besten im direkten Gespräch gewinnst. Mache dir Notizen und für das Gespräch an einem ruhigen entspannten Ort, auch wenn so ein Gespräch viel Zeit kostet. Alternativ kannst du auch eine Umfrage durchführen und setzt dich dann nur noch mal mit denen zusammen, wo du das Gefühl hast, dass die Notwendigkeit besteht.
Wenn du alle Informationen gesammelt hast, kannst du mit deinen Beschreibungen natürlich auch Werbung machen. Du kannst den Mitgliedern und Unterstützern des Vereins jetzt genau mitteilen, was gesucht wird, wie viel Zeitaufwand für eine Aufgabe zu erwarten ist und was die Person mitbringen soll. Damit ergibt sich für dich auch eine neue Chance und die Leute haben ein viel besseres Gefühl, was sie eigentlich erwartet.
Wir hoffen, wie konnten dir eine gute Anleitung geben, wie du Bedarfe im Vereine gut analysierst und dies auch entsprechend transparent für alle dokumentieren kannst. Falls du Fragen oder Anmerkungen haben solltest zu diesem oder anderen Beiträgen hast, kannst du uns gerne unter info@vereinsstrategen.de erreichen.
Deine Vereinsstrategen
(Martin Schüttler)