
Einnahmerückgänge – Ist das eine Vereinskrise?
Finanzen
Es gibt immer Warnsignale
Krisen in Vereinen sind völlig normal und sorgen dafür, dass diese sich immer wieder erneuern bzw. anpassen. Problematisch wird es, wenn ein Verein eine Krise erst zu spät bemerkt und damit dessen Existenz bedroht ist. Dabei kann man dies verhindern, wenn man weiß, auf welche Krisensymptome man achten muss. Eine der häufigsten Ursachen für eine Krise stellen wir dir in diesem Beitrag vor – die Krise aufgrund von Einnahmerückgängen.
Typischerweise hat ein Sportverein vier Einnahmequellen:
- Mitgliedsbeiträge
- Öffentliche Hand (Zuschüsse)
- Zuschauereinnahmen
- Sponsoringeinnnahmen
Den Bereich Einnahmen aus Veranstaltungen im Sinne von Startgebühren lassen wir hier bewusst außen vor. Man kann diese vier Einnahmequellen nie separat voneinander sehen, sondern muss sie immer im Gesamtzusammenhang betrachten. Zu Beginn würden wir euch empfehlen erst einmal zu schauen, wie hoch der Anteil der Ertragsart an den jeweiligen Gesamteinnahmen ist. Denn es kann gut sein, dass die Einnahmen seit Jahren konstant sind, aber dass sich die verschiedenen Ertragsbereiche verschieben. Es gibt also Bereiche, wo die Einnahmen ansteigen und welche, wo sie rückläufig sind. Dies kann eine Gefahr darstellen, wie du später noch sehen wirst, wenn einem diese Entwicklung nicht bewusst ist. Das normale Vorgehen von Vereinen, dass sie schauen, wie viel Geld hatten sie im aktuellen Jahr zur Verfügung und mit dem gleichen Budget planen sie das nächste Jahr, ist hierbei nicht hilfreich. Bei einer Planung z.B. für die nächsten drei Jahre müsste man sich mehr mit Szenarien beschäftigen und ungesunde Entwicklungen der Vergangenheit würden in den Szenarien noch offensichtlicher werden. Aber auch hierzu jetzt mehr in den einzelnen Einnahmequellen.
Mitgliedsbeiträge
Meistens ist es in einem Breitensportverein so, dass die Mitgliedsanteil einen Großteil der Einnahmen ausmachen. Ein Richtwert sind um die 80 bis 90%. Aber ja nachdem, wie ihr strukturiert seid, kann auch eine andere Zahl bei euch passen. Gerade aber wenn ihr mehrere Abteilungen habt, solltet ihr folgende Untersuchung machen. Schaut euch die Mitgliederzahlen einmal pro Abteilung in den letzten 5 Jahren an. Was fällt euch auf?
Angenommen ihr habt drei Abteilungen, sagen wir Kegeln, Fußball und Bogenschießen. Gesamt gesehen, ist euer Verein in den letzten 5 Jahren um 20% gewachsen. Das ist schon mal gut. Aber trotzdem gibt es hier Risiken. So sinken die Mitglieder seit Jahren im Kegeln, das Bogenschießen bleibt konstant und die Fußballabteilung ist der eigentliche Wachstumsmotor. Doch mit Blick auf die Zahlen fällt auch auf, seit 2 Jahren ist das Niveau bei der Fußballabteilung konstant geblieben. Das Wachstum scheint gebremst. Ab hier gilt es die Gründe zu untersuchen. Folgende Möglichkeiten solltet ihr untersuchen:
- Die Fluktuation funktioniert nicht mehr, weil die Altersstruktur nicht passt. Beispiel: Die Abteilung ist im Schnitt zu alt und dadurch nicht mehr attraktiv für neue bzw. junge Mitglieder.
- Die Sportart der Abteilung ist nicht mehr aktuell bzw. funktioniert in eurer Vereinsregion nicht mehr.
- Es stimmt etwas nicht im zwischenmenschlichen Bereich in der Abteilung oder dem Verein.
- Es fehlen Ehrenamtler oder Übungsleiter zur Betreuung. Dieses Problem verhindert das weitere Wachstum in der Abteilung.
- Die Infrastruktur ist schlecht, nicht mehr ausreichend oder hat eine zu geringe Kapazität für weiteres Wachstum.
Nachdem ihr das Problem analysiert habt, gibt es mehrere Handlungsalternativen. Wenn das Problem einfach umkehrbar ist, dann versucht es zu lösen, um den Mitgliederverlust in einer Abteilung aufzuhalten. Wenn ihr aber eine Sportart im Verein habt, welche nicht mehr aktuell ist, dann müsst ihr euch damit abfinden, dass die Mitgliederzahlen immer weiter sinken werden. Hier gilt es dann, nur noch notwendige Investitionen zu tätigen, um den Betrieb sinnvoll am Laufen zu halten, aber keinesfalls noch Großinvestitionen für die Abteilung durchzuführen. Gleichzeitig müsst ihr euch mit den geringeren Einnahmen in den nächsten Jahren beschäftigen. Hier könnt ihr entweder die Ausgaben entsprechend runterfahren, andere Abteilungen so fördern, dass sie mehr Wachstum verzeichnen oder ganz neue Abteilungen im Verein aufnehmen. Eine Abteilung, welche gute Erträge bringt und recht günstig in der Unterhaltung ist, ist z.B. der Gesundheitssport.
Schwierig wird es, wenn die Mitgliederzahlen in einer Abteilung sinken, welche eigentlich andere defizitäre Abteilungen quersubventioniert. Hier ist das Risiko besonders hoch, dass ein Verein in eine Krise kommt, welche kaum zu lösen ist. Deswegen versucht, dass sich möglichst viele Abteilungen selber tragen können bzw. mehrere Abteilungen Überschüsse abwerfen, um andere quer zu finanzieren. Wenn stattdessen eine defizitäre Abteilung sinkende Mitgliederzahlen hat, ist das Risiko für den Gesamtverein etwas geringer, trotzdem sollte natürlich geprüft werden, ob es Sinn macht diese Abteilung weiterhin zu behalten. Denn je nach Sportart erzeugt die Sportart mit sinkenden Mitgliederbeiträgen trotzdem gleichbleibende Kosten.
Zuschüsse
Je nach der Art der Zuschüsse sind sie projektgebunden oder können auch längerfristig gezahlt werden. Wenn sie projektgebunden sind, gibt es zwei Möglichkeiten. Sie können einmalig als Anschubfinanzierung dienen oder so lange gezahlt werden, bis das Projekt abgeschlossen ist. Beide Zuschüsse kann man meist bedenkenlos nutzen. Gibt es z.B. einen Zuschuss für eine Infrastrukturmaßnahme, wäre die Durchführung ggf. gar nicht möglich ohne Unterstützung. Schwierig wird es immer nur dann, wenn es eine befristete Finanzierung gibt für ein Projekt, welches aber dauerhaft bei euch im Verein implementiert werden soll. Dann solltet ihr euch schon vor dem Start des Projekts darüber Gedanken machen, wie ihr dieses mittelfristig ohne Zuschüsse finanzieren wollt.
Problematischer sind die langfristigen Zahlungen, welche es schon jahrelang gibt. Wenn ihr z.B. im Leistungssport aktiv seid, kann es sein, dass ihr regelmäßig Förderungen bekommt. Doch was passiert, wenn ihr einen zu geringen Erfolg bei Wettkämpfen habt oder die Kommune nach Corona Geld sparen muss? Wenn diese Zuschüsse bisher ein fester Teil eures Budget sind, um einen ausgeglichenen Haushalt zu haben, würde ein Wegfall ein echtes Risiko darstellen. Deswegen analysiert die Arten eurer Zuschüsse, um einen Überblick über die Risiken zu bekommen und passt eure Finanzplanung an. Gerade langfristige Zuschüsse sind als Zubrot anzusehen, gewöhnt euch also nicht an das Geld. Deswegen schlagen wir vor, solche Gelder für das Jahr gar nicht einzuplanen. Dann könnt ihr sie am Ende des Jahres noch für Ersatzinvestitionen verwenden oder auch in eure Rücklage packen. Und wenn ihr ein ungeplantes Ereignis im Verein habt, könnt ihr im Notfall auch noch auf diesen Puffer zurückgreifen.
Ticketeinnahmen
Hier heißt das Motto – plant die Erträge ein, aber konservativ. Bei allen Freiluftveranstaltungen im Amateursportbereich hängt die Zuschauerzahl in hohem Maße vom Wetter ab. Dann können in einem Stadion ganz schnell nur noch 100 anstatt der 300 erwarteten Zuschauer sein. Umso mehr Veranstaltungen ihr über das Jahr habt, umso geringer wird dieser Effekt allerdings auch Einfluss haben. Bei Mannschaftssportarten kann die Zuschauerzahl darüber hinaus auch vom sportlichen Erfolg abhängen. Spielt ihr eine schlechte Saison und steigt ab, dann sind die Einnahmen unter den Erwartungen und ihr müsst euch Gedanken machen, welche Beträge ihr im nächsten Jahr erwartet. Hier können wir euch nur empfehlen, schaut euch Zuschauerdurchschnittswerte aus der jeweiligen Liga an und versucht sie mit den Erfahrungen eures Vereins abzugleichen. Dann plant nur mit der Hälfte der Zuschauereinnahmen für das Budget und seht den Rest als Zubrot an. Grundsätzlich ist aber gerade in den unteren Ligen der Effekt, des Abstiegs und dem Rückgang der Zuschauereinnahmen als gering anzusehen, weil die meisten Zuschauer nicht wegen dem sportlichen Niveau ins Stadion kommen, sondern wegen der Atmosphäre und der Gastronomie.
Wenn ihre eine Individualsportart mit Ticketverkäufen habt, kommt es natürlich vor allem darauf an, wer am Wettkampf teilnimmt. Habt ihr einen Star dabei, sind höhere Ticketverkäufe deutlich wahrscheinlicher als bei unbekannten Athleten. Hier hängt die Kalkulation also vom sportlichen Niveau ab.
Umso mehr ihr diesen Einnahmezweig auch als Zubrot anseht, umso geringer ist am Ende das Risiko, dass der Verein in eine Krise gerät, wenn unerwartet, deutlich weniger Tickets verkauft werden, als geplant. Und auch die Planung als Zubrot hat Vorteile, weil ihr am Ende mit den Überschüssen trotzdem noch Investitionen tätigen könnt, welche gut für den Verein sind, aber nicht absolut notwendig.
Zur laufenden Analyse der Ticketeinnahmen inkl. Gastronomieeinnahmen empfehlen wir sich einmal anzuschauen, wie viel machen diese an den Gesamteinnahmen des Vereins aus – also wie hoch sind die maximalen Einnahmen, die wegfallen können? Kann euer Verein das im Extremfall verkraften? Die Coronakrise hat leider aufgezeigt, dass es Szenarien gibt, wo auch solche Fälle auftreten können. Als zweites würden wir uns anschauen, welcher Kostenapparat hängt mit den Zuschauereinnahmen zusammen – Kosten sind z.B. Ordner für Spiele, Kosten für den Einkauf der Lebensmittel für die Zuschauer, Gehälter/Antrittsgelder für Sportler. Wenn die Kosten bereits jetzt höher sind als die Zuschaueeinnahmen, solltet ihr dringend Maßnahmen einleiten, um diesen Missstand zu beheben.
Zum Schluss stelle dir selbst ehrlich die Frage: Sind meine Zuschauereinnahmen Zusatzeinnahmen oder investiere ich mehr Geld um mehr Zuschauer und vor allem mehr sportlichen Erfolg zu haben? Wenn du die zweite Antwort wählst, dann bis du schon dabei semiprofessionelle Strukturen anzustreben und deinen Verein entscheidend zu verändern, auch in seiner Finanzstruktur. In der oben verlinkten Podcastepisode gehen wir noch genauer auf das Thema ein und was du in diesem Fall beachten musst. Grundsätzlich achtet aber darauf, dass ihr mit einer solchen Entscheidung nicht das Gesamtwohl des Vereins gefährdet.
Sponsoringeinnahmen
Grundsätzlich musst du dir natürlich erst einmal die Frage stellen, wie hoch ist der Anteil der Sponsoringeinnahmen an den Gesamtumsätzen. Alles über 10% ist schon als hoch einzuschätzen, aber ab und zu gibt es Ausnahmen, wenn ihr z.B. jemanden habt, der euch aus regionaler Verbundenheit stark unterstützt. Deswegen analysiert als nächstes, wie viele Sponsoren eurer Verein hat und mit welchen Beträgen sie das bei euch tun. Umso mehr Sponsoren, umso weniger schlimm ist es, wenn einer abspringt, allerdings habt ihr mit mehr Sponsoren auch mehr Verwaltungsaufwand. Meist muss man aber sagen, dass gerade im Breitensport es schwierig ist, mehr als eine Hand voll Sponsoren zu finden. Die Überprüfung der Höhe der Sponsoren ist deswegen wichtig, um die Gefahr eines Ausfalls richtig einschätzen zu können. Fallen 90% aus der Gesamtsumme aus, ist das deutlich schlimmer als 5%. Deswegen ist es aus unserer Sicht auch gut, wenn man viele Sponsoren mit einer ähnlichen jährlichen Unterstützung hat.
Um zu ermitteln, wie hoch das Risiko eines Ausfalls ist, sollte man sich zwei Fragen stellen:
- Warum werde ich gesponsert? Habe ich einen Spitzensportler im Verein, der für den Sponsor ausschließlich interessant ist oder möchte er vom Image z.B. meiner Jugendarbeit oder Integrationsarbeit partizipieren?
- Wie geht es dem Sponsor wirtschaftlich? Kann er die zugesagten Zahlungen leisten?
Wenn du nur Sponsoren hast, die aufgrund des sportlichen Erfolgs dich unterstützen, ist dein Verein sehr abhängig vom Mannschaftserfolg oder dem Erfolg eines einzelnen Sportlers. Bleibt dieser aus, fehlen euch ganz schnell Einnahmen, weil Sponsoren euch den Rücken kehren. Wenn das Sponsoring Imagegründe abseits vom sportlichen Erfolg hat, ist eine langfristige Kooperation sehr wahrscheinlich. Vermeidet aber, in eine zu starke Abhängigkeit zu kommen, weil dann zusätzlich die Gefahr besteht, dass der Sponsor Einfluss auf das Tagesgeschäft nimmt. An diesen Aussagen sieht man auch schon, dass Sponsoring als Zubrot gesehen werden sollte.
Abschließend bleibt zu sagen, dass ihr natürlich nicht sofort in einer Krise seid, wenn ihr ein oder zwei Warnsignale aus diesem Beitrag bei euch im Verein erkannt habt. Wichtig ist aber, sich damit zu beschäftigen und diese Probleme nicht zu ignorieren, denn ungelöste Risiken können sich mit der Zeit mehren und machen dann die Lösung einer möglichen Krise deutlich schwieriger.
Im Podcast sind wir in den letzten 10 Minuten auch noch auf das Thema eingegangen, wie die Finanzentwicklung nach Corona aussehen könnte. Hier werden die im Beitrag genannten Ertragsarten, noch einmal kurz in den aktuellen Kontext gesetzt. Falls dich das interessieren sollte oder du eine noch ausführlichere Beschreibung der Krisenursachen haben möchtest, höre in die Podcastfolge rein. In der Folge analysieren wir die Theorie dieses Beitrages auch an einem Beispielverein.
Wir hoffen, dass du aus diesem Beitrag viel mitnehmen konntest. Falls du Fragen oder Anregungen hast, schreib uns gern eine E-Mail. Wir würden uns freuen, wenn du uns weiterempfehlen würdest, wenn du unseren Inhalt nützlich findest.
Deine Vereinsstrategen
(Martin Schüttler)