Seite wählen
Warum Online-Sport so schnell nicht verschwinden wird

Warum Online-Sport so schnell nicht verschwinden wird

Digitalisierung

Herausforderungen und ungeahnte Chancen

 

Die Corona-Epidemie hat den Breitensport gezwungen sich mehr mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen. Eine wesentliche Neuerung, die dadurch in Vereine Einzug erhalten hat, war und sind die Online-Sportangebote. Doch, was sind die bisherigen Erkenntnisse mit dem Thema und wie geht es eigentlich damit weiter? Genau damit soll sich dieser Beitrag beschäftigen. Er stellt eine Zusammenfassung der Podcastfolge dar, wo das Thema aber noch einmal ausführlicher behandelt werden. Höre dort also gerne noch einmal rein.

Die alte Welt und das Virus

Wenn wir auf das Jahr 2019 blicken, dann kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass der Breitensport in Vereinen vor allem klassisch analog war. Mitglieder kamen zu einer festen Uhrzeit zum Sportplatz oder zur Halle. Weiter in der Entwicklung waren einige Fitnessstudios, welche bereits eine Kombination von digitalen und analogen Angeboten genutzt haben. Auch gab es diverse YouTube-Kanäle, welche sich bereits mit dem Thema Fitness oder Abnehmen beschäftigt haben. Alle diese digitalen Angebote waren für Individualsport angelegt und nicht für den Mannschaftssport.
Mit dem Beginn der Coronakrise und dem Verbot des gemeinschaftlichen analogen Trainings ergab sich für die Vereine ein hoher Druck ihren Mitgliedern ein Angebot zur Verfügung zu stellen. So wollte man den Austritt von Mitgliedern reduzieren. Zuerst begannen größere Vereine, welche über mehr Know-How und Kapital verfügen, die Transformation des Angebotes von analog zu digital, danach folgten auch kleinere Vereine. Der Erfolg war je Verein aber unterschiedlich, einige waren damit erfolgreich, andere lösten nach einigen Durchläufen ihr Format wieder auf. Grundsätzlich ist aber das Feedback von den meisten Vereinen gewesen, dass die Mitglieder froh waren, dass es die Möglichkeit gab, dass sie überhaupt etwas machen konnten, auch wenn der Online-Sport besonders zu Beginn auch einige Probleme hatte:

  • Technische Schwierigkeiten auf der Teilnehmerseite während des Angebotes
  • Umstellung für Übungsleiter in Bezug auf das Design einer Trainingsstunde
  • Bildausfälle

Die zentralen Ziele, nämlich dass Menschen Sport machen konnten und das im bekannten Teilnehmerkreis, wurden trotz aller Widrigkeiten erfüllt. Ebenfalls war eine positive Entwicklung, dass mehr und mehr Menschen digitale Sportangebote unabhängig vom Verein ausprobiert haben. So gab und gibt es beispielsweise eine sehr hohe Nachfrage nach digitalen Rollentrainern für das Indoor-Radfahren. Durch Trainingsanbieter wie Zwift konnte man so auch von zu Hause Rennen fahren in einer großen digitalen Welt.

Herausforderungen und Chancen

Grundsätzlich kann man sagen, das Online-Sport für bestimmte Sportarten funktioniert. Nach den Anfangsschwierigkeiten, sie sicherlich jeder Verein hatte, haben sich die Trainer wie auch die Teilnehmer an dieses Format gewöhnt. Natürlich ist es kein 100% Ersatz für ein Training vor Ort sein, doch hat Online-Sport auch Vorteile, die in Präsenz so nicht gegeben sind:

  • Mitglieder, welche nicht in der Lage sind in die Turnhalle zu kommen, haben bei so einer Angebotsform einen Mehrwert. Gründe können beispielsweise Umzug, Gesundheit oder auch Überschneidungen von Arbeits-, Anreise- und Trainingszeit sein.
  • Vereine können überregionale Angebote durchführen. Dies bietet sich immer dann an, wenn ihr exotische Kurse anbieten wollt, wo ihr in eurer Region vielleicht nicht genügend Interessierte habt. Beispiel: Aroha
  • Im Bereich der Vereinsdigitalisierung war es ein Schritt in die richtige Richtung. Man sollte versuchen den Fortschritt und die technische Entwicklung mitzunehmen, schließlich haben sich die Mitglieder daran gewöhnt, digital angesprochen zu werden und wollen dies zum Großteil auch zukünftig. 

Aber natürlich gibt es auch diverse Herausforderungen und Risiken, wenn ihr Online-Sport anbietet:

  • Versucht im Kurs soziale Nähe herzustellen. Dies ist gar nicht so einfach, denn durch das Onlineformat fällt die Interaktion zwischen den Teilnehmer zum Großenteil weg. Hier ist es dann notwendig, dass der Übungsleiter entsprechend geschult ist, um mit dieser speziellen Situation umgehen zu können. Auch muss man sich überlegen, wie der Aufbau eines solchen Kurses aussehen soll. Hier kann man sich Gedanken machen, ob man Gamifiacation-Elemente also spezielle Challenges oder auch ein Punktesystem mit in den Kurs einbauen möchte.
  • Um so ein Online-Angebot durchführen zu können, muss erst einmal die technische Infrastruktur in den Sportstätten geschaffen werden und zwar durch die Vereine, da die Kommunen es meist nicht als wichtig erachten. Ihr könnt natürlich versuchen auf die Kommune immer wieder einzuwirken, dass eure Sportstätte digitalisert wird. Aber das ist mühsam und nicht unbedingt erfolgsversprechend. Auf der anderen Seite muss man natürlich sagen, dass die Kosten einer (weiteren) Digitalisierung für viele Vereine zu hoch sind. Wenn ihr allerdings mit anderen Vereinen Sportstätten nutzt, denkt doch über Kooperationen mit ihnen nach. So könnt ihr die gleiche hochwertige digitale Infrastruktur nutzen, euch aber die Kosten teilen.
  • Online-Sport im Verein hat sicherlich den Dienstleistungsgedanken bei den Mitgliedern verstärkt. Ich mache den PC an, wähle mich in meinen Kurs ein, mache den PC wieder aus. Das ist dann das Vereinsleben. So wird die Mitgliederbindung natürlich viel loser und für den Verein damit schwierig. Das Vereinsangebot trifft schließlich nun auch auf andere Sportangebote. Beispiele hierfür sind kostenfreie Fitnessvideos bei YouTube oder sehr professionelle Online-Sportanbieter wie Peleton. Doch wahrscheinlich ist das größere Problem der innere Schweinehund der Teilnehmer. Man hat bei so einer Angebotsform nicht mehr die Notwendigkeit unbedingt teilzunehmen, weil der Gruppenzwang aber auch die Geselligkeit geringer ist. So kann man schnell die Lust verlieren, bleibt dem Angebot häufiger fern und kündigt schlussendlich seine Mitgliedschaft.
  • Übungsleiter stehen vor der Herausforderung der Transformation des Offline-Angebots in ein Online-Format. Schließlich geht durch fehlende Präsenz auch viel verloren. Der Überungsleiter muss sich überlegen, wie er Fehler im Übungsablauf der Teilnehmer beispielsweise gut erkennen und korrigiern kann oder wie er den Ablauf einer solchen Stunde gestalten möchte, um sie spannend zu machen. Hier muss er auch daran denken, ob die Teilnehmer für den Kurs zusätzlich Materialien brauchen. Diese kosten die Teilnehmer dann zusätzliches Geld und beschränkt die Menge an möglichen Trainingsgeräten in einem Online-Kurs.
  • Erschwerend kommt außerdem das Thema Datenschutz hinzu. Diese stellt für euch im Verein nämlich zusätzliche Hürden dar. So darf der Übungsleiter keine Aufzeichnungen ohne vorherige ausdrückliche schriftliche Zustimmung der Teilnehmer vom Training machen. Eine Nachanalyse des Trainings wird somit praktisch unmöglich. Außerdem können Teilnehmer, wenn sie das möchten, den Bildschirm deaktivieren. Korrekturen für den Trainer bei der Ausführung der Übungen sind somit nicht mehr möglich. Wenn ihr also Fragen habt, wie ihr am besten mit diesem Thema umgehen sollt, fragt euren Datenschutzanwalt und bezieht ihn bei der Prozesserstellung mit ein. Das betrifft z.B. auch die Entscheidung mit welchem Anbieter (z.B. Zoom, Google Meets, MS Team, jitzi, etc.) ich mein Angebot durchführe? Welches erfüllt meine persönlichen Bedürfnisse bzgl. der Funktionalität als Trainer und welches erfüllt den Vereinsanspruch an den Datenschutz?

Doch trotzt der Herausforderungen, die mit dem Thema verbunden sind, muss man klar festhalten, dass viele Herausforderungen mit steigender Erfahrung in diesem Bereich auch verschwinden werden. Wir gehen auch nicht davon aus, dass es eine Verlagerung von der Sporthalle zum Bildschirm geben wird, sondern dass dein Verein mit einer cleveren Strategie neue Leute gewinnen kann, die du zuvor nicht in die Halle bekommen hättest. Damit wird dann auch das Problem der Mitgliederbindung ein wenig abgeschwächt. Denn natürlich wollen wir Mitglieder möglichst lange im Verein halten, allerdings nehmen die Bindungsdauern seit Jahren ab und mit Online-Sport hast du die Möglichkeit neue Mitglieder zu gewinnen. Nutzt also die Möglichkeit von zeitlich befristeten Mitgliedschaftsmodellen, um mehr Menschen zu erreichen und auch zusätzliche Einnahmen zu generieren.

Pascals Plan in seinem Verein

Grundsätzlich wird Pascal versuchen Online-Sport zusätzlich zum normalen Sport anzubieten, allerdings auch mit der Absicht es wieder einzustellen, falls es sich nicht etablieren sollte. Dafür sollen alle Veranstaltungen live durchgeführt werden. Das Angebot bliebt somit zeitgebunden und ist nicht jederzeit abrufbar.
Dabei wird der Verein kein „Filmstudio“ aufbauen, sondern sich auf die wichtigsten Elemente beschränken. Das sind:

  • ein WLAN-Router für die Sporthalle mit Handyvertrag
  • ein Laptop für Streamingsoftware
  • eine stationäre hochauflösende Kamera, die im Raum steht oder hängend platziert wird und den Übungsleiter in das Wohnzimmer des Mitglieds bringt

Die Kosten dafür werden aktuell auf etwa 1.500 Euro für die Erstanschaffung geschätzt. Dabei soll auch auf Fördermittel für die Digitalisierung von Vereinen zurückgegriffen werden (beispielsweise eine mögliche Förderung in Niedersachsen).
Die Vorteile für den Verein sind hoffentlich vielfältig. Neben dem offensichtlichen Argumenten, dass weniger flexiblere Menschen trotzdem am Sport teilnehmen können, anstatt auszutreten, und dass man Leute so besser binden kann, die aus der Region wegziehen, hat man vor allem die Möglichkeit die Hallenkapazität auf diese Art und Weise virtuell zu erweitern. Das hilft dem Verein am Ende auch beim Wachstum – zum einem wegen den Mehrkapazitäten zum anderen aber vor allem, weil der Verein als innovativ wahrgenommen wird und seine Positionierung damit schärft.
Am Ende hängt der Erfolg natürlich vom erfolgreichen Meistern der Herausforderungen ab. Bei Mischgruppen – so wie Pascals Verein es plant – ist vor allem die Interaktion mit den Teilnehmern erschwert. Hier hat der Übungsleiter eine schwere Aufgabe, denn schließlich soll er es allen recht machen. Es ist aber logisch, dass eine Korrektur einer Übung in Präsenz deutlich leichter fällt, als wenn der Trainer versucht, dies auf dem Bildschirm für viele Teilnehmer zu überwachen. Außerdem hat der Trainer noch viele zusätzliche adminstraitve Aufgaben. Was passiert wenn ein Teilnehmer zu spät kommt – lässt man ihn online noch zu oder versucht man ihn zu „erziehen“? Wie sieht mein Traingsablauf dann aus? Wer wählt sich überhaupt über den Link ein – nur Mitglieder oder auch Dritte? Sind die Leute anonym im Kurs unterwegs (z.B. Rehbaby85) oder bestehe ich auf die richtigen Namen?

Zusammenfassend müssen wir aber sagen, dass man Online-Sport auf jeden Fall ausprobieren sollte, wenn man das Gefühl hat, dass sowohl die Mitglieder so ein Angebot wollen, als auch dass die Übungsleiter sich eine solche Durchführung vorstellen können. Lasst sie hier aber nicht alleine, sondern helft ihnen zu Beginn bei der Technik und besprecht vorher die sinnvolle Durchführung einer Trainingsstunde bzw. des Kurses.

Wir hoffen, dass wir dir mit dem Beitrag weiterhelfen konnten. Falls du Fragen haben solltest, kannst du uns gern unter info@vereinsstrategen.de anschreiben. Wir würden uns freuen, wenn du diesen oder auch andere Beiträge und Podcastfolgen weiterempfehlen würdest. Vielen Dank dafür schon im Voraus.

Deine Vereinsstrategen

(Martin Schüttler)

Positionierung Integration: Mitglieder und Sponsoren gewinnen

Positionierung Integration: Mitglieder und Sponsoren gewinnen

Vereinsentwicklung

Positionierung ohne sportlichen Erfolg

 

Integration kann neben seiner gesellschaftlichen Wichtigkeit auch ein Weg sein, seinen Verein stärker zu positionieren und damit neue Mitglieder zu erreichen. Hierfür haben wir Roy Gündel als unseren Experten für Integration erneut in den Podcast eingeladen. Er ist Leiter des Fachbereichs Integration und Sport/soziale Arbeit beim LSB Niedersachsen. Der Beitrag ist eine Zusammenfassung der wesentlichen Aspekte des Interviews.

Gleich vorneweg das Fazit: Ja, es macht Sinn, dass sich Vereine in vielen gesellschaftlichen Belangen stark positionieren. Das liegt schon in der Grundstruktur der Vereine selbst verankert. Sie übernehmen soziale Funktionen und können deswegen auch nicht unpolitisch sein. Jeder Verein sollte sich schließlich zu den Grundwerten einer liberalen Demokratie bekennen, auch wenn die meisten parteipolitisch neutral sind. Der Bereich der Integration ist deswegen besonders interessant, weil bei einer starken Positionierung Vorteile für den Verein winken. Er wird bei einem hohen Engagement als relevanter Akteur vor Ort wahrgenommen. Dies erleichtert aber auch die Zusammenarbeit in anderen Bereichen bzw. hilft eigene Belange in anderen Fragestellungen durchzusetzen.

Die Vorteile der Positionierung „Integration“

Deswegen schauen wir als nächstes einmal darauf, was passieren könnte, wenn ein Verein sich für die Positionierung im Bereich der Integration und des gesellschaftlichen Zusammenhaltes entscheidet. Grundsätzlich vertritt man mit dieser Positionierung Werte außerhalb des sportlichen Erfolgs. Diese Werte und die Menschen, die ihr damit erreicht, können für bestimmte Unternehmen vor Ort attraktiv sein. Sie wollen von eurem Image partizipieren und damit erscheint ein Vereinssponsoring möglich.
Ebenso werden aber auch die Kommunen mehr auf euch aufmerksam, da ihr einen gesellschaftlichen Mehrwert vor Ort geniert. Ihr fördert die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, bringt Menschen zusammen, fördert den sozialen Austausch und schafft für Menschen eine neue Heimat. Dies sind meist genügend Gründe für eine Kommune euch zu unterstützen bei Themen wie Hallenzeiten, Bau von neuer Infrastruktur oder auch Zuschüssen. Der sportliche Erfolg dagegen ist der Kommune egal.
Wahrscheinlich ist aber auch, dass ihr eure Mitgliederbindung erhöht. Die Mitglieder kommen nicht nur wegen dem Training zu euch, sondern vor allem wegen der Menschen. Allein für den Sport könnten sie auch woanders hingehen. Die Mitglieder finden das, wofür der Verein steht gut und unterstützenswert. Dann ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass selbst Mitglieder, welche nicht mehr in der Nähe des Vereins wohnen oder nicht mehr aktiv Sport treiben, trotzdem ihre Mitgliedschaft behalten wollen, weil sie das Engagement des Vereins im Bereich Integration unterstützen wollen.
Wenn man sich für die Positionierung „Integration“ entscheidet, muss man dies aber auch immer im Gesamtspektrum des Vereins sehen. So ist die Integrationsarbeit als die eine Positionierung auch nicht zielführend, weil man dann zu einseitig arbeitet. Man darf allerdings auch nicht zu viele Schwerpunkte setzen, weil es dann auch keine Schwerpunkte mehr sind. Hier besteht die Gefahr, dass sich Vereine übernehmen, denn häufig gehen diese Schwerpunkte auf einzelne Personen oder Personengruppen zurück. Hört eine Person im Verein auf, so kann der Schwerpunkt wegbrechen oder sich durch den Personenwechsel stark verändern. Diese Fluktuation muss bedacht werden und es muss vorher festgelegt werden, wie solche personellen Verluste aufgefangen werden. Dafür ist es aber wichtig die richtigen Prioritäten bzgl. des Gesamtvereins zu setzen. Nicht jeder Verein muss jedes Thema zu seiner Priorität erklären, viel wichtiger ist die Frage: „Was ist sinnvoll und was möchte ich?“.

Gefahren bei der Positionierung „Integration“

Die Wichtigkeit mehrere Schwerpunkte zu setzen, anstelle sich nur auf „Integration“ zu fixieren, wurde gerade schon beschrieben, aber nicht, warum die Fixierung eigentlich ein Fehler ist. In erster Linie sind alle Mitglieder in einem Sportverein Sportler. Doch wenn ein Verein sich nur auf die Integration fixiert, besteht die Gefahr, dass dieses Thema alles andere überstrahlt und Menschen auf ihre Herkunft reduziert werden. Aus Sportlern werden dann Migranten in der Wahrnehmung, also genau das Gegenteil von dem, was eigentlich gewollt ist. Hier muss am Ende entschieden werden, inwieweit trage ich diese Positionierung nach außen oder setze sei einfach im Verein um.
Eine weitere Gefahr ist, nicht ausreichend auf die Resonanz der Mitglieder zu hören. Es gibt immer Vorbehalte und Widerstände bei einer solchen Positionierung. Wichtig ist es genügend Raum für den Austausch zu geben, um interkulturelle Konflikte zu klären und zu lösen. Natürlich darf dieser Austausch nur in vorher festgelegten Grenzen erfolgen, sollte immer auf Augenhöhe erfolgen und man sollte nicht übereinander, sondern miteinander sprechen. Beachtet hier auch den entsprechenden Sprachgebrauch eurer Mitglieder. Mit dieser Resonanz kann man dann Schritt für Schritt den Verein und auch die Positionierung weiterentwickeln und festigen.

Mitgliedergewinnung durch die Positionierung „Integration“

Für die Mitgliedergewinnung ist jede Positionierung nur ein Mosaikstein unter mehreren. So sind zur Gewinnung z.B. auch die Ansprechwege, die Angebotspalette im Verein oder auch das Auftreten von Hürden beim Vereinseintritt entscheidend. Grundsätzlichist es schwierig die Wirkung von „Integration“ quantitativ zu messen, da die Datenlage in diesem Bereich eher gering ist, aber es gibt Tendenzen, dass ich mit einer klaren Positionierung durchaus Vorteile bei der Mitgliedergewinnung habe. Wenn Menschen vorher keinen Kontakt zu Vereinen hatten, es also keine Sozialisation in diesem Bereich gab, dann können Leute über ein Integrationsprojekt an den Verein herangeführt werden und über den Austausch mit den Menschen teilweise auch fest an den Verein gebunden werden.
Im Podcast wurden u.a. zwei Beispiele angesprochen, einmal ein Bauchtanzkur und ein Fahrradkurs. Diese Angebote sind sehr niederschwellig und haben in der Praxis sehr integrativ gewirkt. Der Bauchtanzkurs wurde bespielweise später sogar fest ins Vereinsportfolio aufgenommen, weil er sehr gut angenommen wurde. Ein Fahrradkurs kann dabei helfen den Aktionsradius zu erhöhen und Menschen überhaupt erst das regelmäßige Vereinstraining zu ermöglichen. Höre hier gerne noch einmal rein, wenn dich dies näher interessieren sollte.
Die Frage ist jetzt natürlich: „Wie finde ich das richtige Angebot, um Migranten zu gewinnen?“. Und hier kann man ganz klar sagen, dass auch diese Frage aufgrund der schlechten Datenlage nicht eindeutig zu beantworten ist. Fest steht aber, dass folgende Faktoren einen Einfluss haben:

  • Nicht das Angebot bindet die Personen an den Vereinen sondern die Menschen. Integration muss im gesamten Verein gedacht werden, eigene Stereotypen sollte man hinterfragen und der Verein sollte sich regelmäßig reflektieren.
  • Wie viele Migranten überhaupt in meiner Region leben, ist individuell. In Großstädten gibt es meist mehr Menschen mit Migrationshintergrund als in ländlicheren Regionen. Im ländlichen Raum kommt dazu noch das Thema der Erreichbarkeit des Vereinsgeländes. Nicht jede Person hat ein Auto, um regelmäßig zum Training zu kommen. Dies beeinflusst natürlich auch deine mögliche Positionierung im Bereich Integration und deren Umsetzung.
  • Wer sich engagiert in der Integrationsarbeit, bekommt meist mit der Zeit auch einen diverseren Verein.

Angebotsbedarf ermitteln und umsetzen

Grundsätzlich sollte man genau im Verein prüfen, ob es sinnvoll und auch realistisch ist, ein Angebot umzusetzen, was es vor Ort noch nicht gab. Nehmen wir als Beispiel Cricket. Als erstes muss man schauen, ob der Bedarf nach Cricket in der Region artikuliert wird. Da der Sport in Deutschland eher unbekannt ist, wird er vor allem von Migranten mit pakistanischen Wurzeln gespielt. Angenommen der Bedarf wird z.B. in der Flüchtlingshilfe von genügend Personen artikuliert, dann sollte man sich als nächstes mit der Tatsache des schwierigen Spielfeldes auseinandersetzen. Die typischen Maße sind in Deutschland auf Sportplätzen sehr unüblich und deswegen müsste man für diesen Sport meist ein neues Spielfeld errichten. Am besten behilft man sich hier mit provisorischen Feldern und schaut erst einmal, ob die Gruppe dauerhaft zusammenbleibt. Erst dann sollte man weitere Schritte planen und ggf. darüber nachdenken eine Abteilung zu gründen. Wichtig ist es einfach zu Beginn kreativ zu sein und neue Sachen auszuprobieren. Im Fall von Cricket hat der Zuzug von Sporttreibenden dazu geführt, dass sich die deutschen Verbandsstrukturen im Cricket weiterentwickeln konnten und deutlich stärker sind als vor der Flüchtlingskrise.
Ziel eines Vereines bleibt es aber, neue Mitglieder durch Angebote zu gewinnen. Bei allen Sportarten im Wettkampfsport ist es leichter Personen zu überzeugen. Hier ist die Mitgliedschaft eine Grundvoraussetzung zur Teilnahme am Wettkampfbetrieb. Bei den verbleibenden Sportarten sieht es anders aus. Man sollte deshalb zu Beginn bei interessierten Personen mit Migrationshintergrund keine Mitgliedschaft erzwingen. Viel wichtiger ist es, dass das Angebot am Anfang möglichst unverbindlich ist. Gebt den Personen die Möglichkeit sich auszuprobieren und sich mit dem Angebot vertraut zu machen. Für diesen Zeitraum stellt der LSB Niedersachen z.B. Fördermittel zur Verfügung um den finanziellen Aufwand für das kostenlose Angebot auszugleichen. Bei einer positiven Entwicklung des Angebotes sollte man versuchen, die Personen von einer Mitgliedschaft zu überzeugen. Beim Cricket geht das wegen dem Wettkampfcharakter und der homogenen Gruppe tendenziell einfacher als z.B. beim Bauchtanzkurs.
Hier noch ein Hinweis zum Thema homogene Gruppen. Diese haben Vorteile aber auch Herausforderungen. Wenn ihr z.B. jetzt ein Cricket-Angebot mit einer vorhandenen Gruppe mit Migrationshintergrund bei euch im Verein implementieren wollt, hilft es sehr, wenn ihr einen Kümmerer im Verein habt (Was ein Kümmerer ist, erfährst du hier.). Dieser verbindet die Gruppe mit dem Rest des Vereins. Hierzu sollte er Räume zur Verständigung im Verein etablieren. So haben die verschiedenen Personen eine Möglichkeit sich auszutauschen und sich besser kennenzulernen. Der große Vorteil von homogenen Gruppen zu Beginn ist aber, dass sich Personen aufgrund der gleichen Sprache und Ansichten eher in der Gruppe fallen lassen können und nicht auf sich allein gestellt sind. Hierdurch habt ihr die Möglichkeit nicht nur einzelne Personen, sondern ganze Gruppen für euren Verein als Mitglieder zu gewinnen. Und je nach Sportart können sich diese Gruppen dann mit der Zeit auch stärker natürlich durchmischen, so dass sie aus Personen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen besteht.

Wie starte ich?

Schaut euch einfach in der Umgebung um und stellt euch folgende Fragen:

  • Mit wem habe ich es vor Ort zu tun?
  • Wen gibt es im Einzugsbereich schon?
  • Welche Angebote gibt es bereits (auch außerhalb des Sports)?

Mit den Trägern, welche Angebote anbieten, sollte man in Kontakt treten und schauen, ob man einen Aktionstag mit eigenen Angeboten gemeinsam durchführen kann. Dieser sollte so konzipiert sein, dass er schnell auf den Weg gebracht werden kann, so dass es nicht schmerzt, falls er am Ende nicht von Erfolg gekrönt ist. Danach beginnt die Nachbereitung. Je nach Bewertung des Tages solltet ihr auf dieser Grundlage entscheiden, was die nächsten Schritte sein sollten.
Potentielle Institutionen, wo man sich für Kooperationsarbeit hinwenden kann, um Migranten für den Sport und den Verein zu begeistern sind Flüchtlingsheime (z.B. Sporttag für Geflüchtete), Jugendtreffs oder Schulen. Außerdem zeigt es sich, dass es von Vorteil ist, Eltern-Kind-Angebote im Programm zu haben und die Kinder somit früh an den Verein zu binden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich die Positionierung „Integration“ durchaus lohnen kann, aber einige Besonderheiten beachtet werden müssen, um erfolgreich zu sein. Wir hoffen, dass dir dieser Beitrag dabei hilft, dein Vorhaben umzusetzen. Im Podcast gehen wir noch einmal stärker auf gewisse Teilaspekte dieses Beitrags ein. Höre also gern rein. Falls du Fragen oder Anmerkungen haben solltest, schreibe uns gern eine E-Mail an info@vereinsstrategen.de. Und wenn du uns einen Gefallen tun möchtest, dann empfehle uns einfach weiter.

Deine Vereinsstrategen
(Martin Schüttler)