Im heutigen Beitrag wollen wir Dir vier Punkte präsentieren, welche du beachten solltest, wenn du Ehrenamtliche für deinen Verein gewinnen willst. Einige wenige Inhalte haben, wir bereits in anderen Beiträgen erwähnt, wollen sie hier aber noch einmal kompakt zusammenfassen und in ihrer Ganzheitlichkeit wirken lassen.
Die Gesellschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr verändert. Die gefühlte Zeitknappheit und die gesteigerte Mobilität (z.B. Studium, Jobwechsel) der Menschen sind dabei für Vereine besonders entscheidend. Dazu kommt, dass unsere Gesellschaft immer mehr Dinge anbietet, welche die Menschen in ihrer knappen Zeit auch intensiv konsumieren möchten. So wird ein Verein zunehmend wie ein Fitnessstudio gesehen – als reiner Dienstleister. Man zahlt seinen Betrag und kann dann Sport konsumieren. Aber unser Ziel als Vereinsstrategen muss sein, dass wir aus dieser Sicht ausbrechen und neue Personen für ein Ehrenamt gewinnen wollen.
Grundsätzlich gibt es dafür zwei Strategien, die wir hier vorstellen wollen für deinen Verein:
- Du suchst dir Leute, die schon in deinem Verein Mitglied sind, sich aber bisher nicht engagieren. Das ist besonders gut, wenn das gesuchte Aufgabenprofil eine gewisse Vereinskenntnis verlangt. Bsp.: Sportwart für Volleyball
- Du kannst dir aber auch Leute suchen, die nicht in deinem Verein sind und nichts mit der bisherigen Vereinsarbeit zu tun haben. Das bietet sich an, wenn neue Kenntnisse und Fähigkeiten gebraucht werden, die bei dir im Verein so nicht vorhanden sind. Bsp.: Programmierer für eine Vereins-App oder neue Übungsleiter, weil du eine Abteilung eröffnen möchtest
Wichtig ist nur, wenn du externe Person ansprichst, solltest du ihnen wirklich gute Argumente liefern, warum sie sich auch ehrenamtlich engagieren sollten. Deswegen macht es aus unserer Sicht auch Sinn, erst einmal zu schauen, was ist vereinsintern möglich und erst im zweiten Schritt den Blick auf Externe zu lenken.
Neben diesen beiden Herangehensweisen gibt es aus unserer Sicht vier elementare Dinge, die du beachten solltest und welche in den der modernen Arbeits- und Lebenswelt unerlässlich sind, um Ehrenamtler zu gewinnen.
1. Gute Rahmenbedingungen schaffen
Die Rahmenbedingungen in deinem Verein müssen für die Freiwilligen stimmen und den individuellen Anforderungen des Einzelnen entsprechen. Das klingt vielleicht im ersten Moment etwas kompliziert, weil du kannst es ja nicht jedem Recht machen. Aber ob du es glaubst oder nicht, die Bedürfnisse sind zum Großteil deckungsgleich bei den Personen. Du musst natürlich ein paar Sachen beachten, damit deine Ehrenamtlichen am Ende auch glücklich sind. Aber was bedeutet das konkret?
– Das Thema „Wertschätzung zeigen“ für die geleistete Arbeit des Ehrenamtlers ist essentiell. Das solltest du sowohl im Verein selber leben (Innenverhältnis), als auch in deiner Öffentlichkeitsarbeit nach außen darstellen. Bedenke, dass Wertschätzung das Gut ist, was mit Geld nicht aufzuwiegen ist, und was vielen Ehrenamtlichen bei ihrer beruflichen Arbeit fehlt.
– Dazu gehört auch, dass die Leute kein eigenes Geld für den Verein mitbringen sollten. Sie spenden immerhin schon ihre Zeit für dich und können vielleicht auch eine Entschädigung von dir erwarten. Überlege dir einfach mal, wie teuer wäre es denn, wenn du die Leistung extern einkaufen müsstest?
– Weiterhin wichtig ist die Transparenz im Verein, was man auch als offenen Kommunikationskultur bezeichnen könnte. Es ist immer klar, wer macht im Verein gerade welche Aufgabe und alle Personen reden offen miteinander über Probleme. Nur so kannst du den Spaß für die Helfer erhalten.
Im Beitrag „Was du Ehrenamtlern bieten solltest“ haben wir dieses Thema noch einmal deutlich ausführlicher behandelt.
2. Persönliche Ansprache prüfen
Der zweite Punkt ist die konkrete und direkte persönliche Ansprache. Das ist deutlich besser, als wenn du jedes Mal E-Mails an einen Verteiler schickst oder in einer What´s-App-Gruppe fragst, wer einem helfen kann. Seien wir mal ehrlich, wann hast du das letzte Mal auf so etwas geantwortet? Die Freiwilligen wollen ein Stück weit das Gefühl bekommen, dass sie und zwar genau sie gebraucht werden. Deswegen ist die persönliche Ansprache zu bevorzugen. Überlege dir daher, welchen Kommunikationskanal du wählst und wie du die Mitglieder darüber ansprichst. Ganz altmodisch könntest du natürlich einen Brief schreiben. Oder du nutzt einen moderne Messenger-Dienst oder eine App. Je nachdem, was zu deinen Mitgliedern am besten passt, musst du vielleicht auch unterschiedliche Kanäle benutzen. Es gibt also nicht die Lösung und den Kanal, den wir hier empfehlen können. Dazu ist dein Verein zu individuell und deine Umgebung zu speziell.
Allerdings kann man sagen, Helfermanagement ist zeitaufwendig und daher braucht es in deinem Verein auch einen Zuständigen, der sich am besten nur um dieses Beziehungsmanagement mit deinen Ehrenamtlichen kümmert. Dieser sollte dann auch eine kleine Helferdatenbank pflegen, wo die aktivsten Mitglieder mit ihren Fähigkeiten erfasst sind. Diese können dich unterstützen, um dein Vereinsziel zu erreichen. Am Ende sind diese aktiven Mitglieder doch eigentlich die wertvollsten, weil sie den Verein am Laufen halten. Nimm dir daher auch die Zeit, die neuen Engagierten kennenzulernen, um ihre individuellen Bedürfnisse herauszufinden und passgenaue Engagementangebote für sie zu schaffen.
3. Flexible Engagementangebote schaffen
Die flexiblen Engagementangebote sind der dritte Punkt. Wir haben schon über Projekte wie das J-Team für Jugendliche berichtet (Junge Ehrenamtler und das J-Team). Aber wie wäre es denn zusätzlich mit einem S-Team, also ein Team, welches aus Senioren besteht. Die Idee hinter dieser Arbeitsform ist, dass diese Teams eigenverantwortlich agil in Gruppen arbeiten und nur durch einen Mentor entsprechend unterstützt werden. Zum Beispiel könnten Senioren eine Projektgruppe machen zum Thema Gesundheitssport, um selber das Angebot aufzubauen, was sie sich wünschen. Oder es gibt eine eigene Technikgruppe, wo Senioren sich austauschen können und man prüft, wie man möglichst niederschwellige digitale Angebote für Senioren schafft.
Die Idee der Projekte ist es, Themenschwerpunkte zu bearbeiten. Die Mitarbeit ist für alle Interessierten offen, auch für Personen außerhalb des Vereins. Die Projekte haben dabei, wie wir es aus dem agilen Projektmanagement kennen (SRUM-Methode im Verein) einen klar definierten Anfangs- und Endpunkt. Eine Idee für ein solches Projekt wäre beispielsweise, dass man eine Kooperation mit einer Ganztagsschule eingeht. Dort könnte man eine AG gründen, um Vereinsthemen vorantreiben. So könnte eine E-Sports-Abteilung im Verein aufgebaut werden oder eine MTB-Strecke auf eurem Vereinsgelände entstehen. Interessierte Jugendliche hätten da garantiert Lust drauf, weil das Themen sind, die ihren Präferenzen entsprechen und sie später ggf. auch selber nutzen wollen.
Eine weitere Frage, die du dir stellen musst, ist: Kann man sich bei dir einmalig im Verein engagieren oder geht man gleich einen Bund fürs Leben ein, weil man sich einmal bei dir im Verein ehrenamtlich engagiert hat?
Die Lebenssituation bei den Mitgliedern ändert sich ständig. Einige Leute machen ihren Schulabschluss und gehen studieren in eine andere Stadt. Am Wochenende fahren sie dann in die Heimat, wollen sich im Verein, wo sie schon länger aktiv sind, weiter einbringen. Wie sollte man damit umgehen, schließlich ist dies keine leichte Situation für den Verein, wie auch für den Ehrenamtler? Viel besser wäre es doch für beide Seiten, wenn der Ehrenamtler gar nicht vor Ort sein muss, um deinen Verein zu unterstützen. Das Stichwort lautet digitale Medien. Wir würden empfehlen schaltet Leute für Sitzungen zum Beispiel virtuell hinzu, so sind alle daran beteiligt, um den Verein weiterzuentwickeln.
Dann gibt es natürlich auch noch Lebensphasen, wie Hausbau oder Familienplanung, wo sich auch die Bedürfnisse der Ehrenamtler verändern. Du solltest auch hier vorbereitet sein, um sie nicht zu verlieren. Eltern werden in den ersten Jahren definitiv weniger Zeit haben, um sich einzubringen. Hatten sie vorher eine ehrenamtliche Aufgabe, wirst du froh sein, wenn du zum Beispiel auf eine Stellvertreterregelung oder auch auf Teamlösungen zurückgreifen kannst, also quasi die Möglichkeit des Jobsharings nutzt. Der grundsätzliche Vorteil dieser Modelle ist, dass Aufgaben flexibel erledigt werden können und die Ehrenamtlichen können sich bei Bedarf ein bisschen zurückziehen, wenn sie einmal weniger Zeit haben. Und noch ganz wichtig bei dem Thema Familienplanung, den du immer bedenken solltet. Durch die Tatsache eine Familie zu sein, ziehen sich die Eltern durch Kinder auch mehr zurück in ihren eigenen privaten Bereich. Man geht nicht mehr weg, trifft weniger Freunde etc. Hier kann dein Verein ein guter sozialer Kontaktpunkt sein zu anderen Familien. Selbst wenn diese Eltern vielleicht 5 oder 6 Jahre oder länger sich nicht engagieren können, sind sie trotzdem sehr wertvoll für den Verein, weil sie zum einem Vereinmitglieder bleiben und zum anderen auch ihre Kinder an euren Verein heranführen, wenn sie zufrieden sind. Angebote direkt an Eltern gerichtet wie Babyschwimmen, Krabbelgruppe und Babyturnen, können dies unterstützen.
Und dann gibt es natürlich noch die letzte Phase, nämlich die des Renteneintritts. Das heißt, wir haben jemanden, dem seine sinnstiftende Arbeitsaufgabe von einem auf den anderen Tag entzogen wird. Aber gibt es da vielleicht Möglichkeiten in deinem Verein, dass er Aufgaben übernehmen kann? Man muss ja nicht jeden Rentner direkt zum Vorstandsmitglied machen. Die meisten wollen das nämlich gar nicht. Aber man kann sicherlich flexiblere Möglichkeiten schaffen, um Interessen und Fähigkeiten der Neurentner gewinnbringend für dich und für die verschiedenen Projektgruppen einzusetzen.
Egal in welchem Lebensabschnitt dein potentieller neuer Ehrenamtler ist, gestalte die Engagementangebote möglichst niederschwellig. Das heißt, du musst nicht gleich jemanden zum Trainer ernennen, es kann auch ausreichend sein jemanden zum Co-Trainer zu ernennen. Oder es gibt ein Mentoringprogramm für die neuen Übungsleiter und Trainer, damit diese erst einmal in die wichtigsten Grundlagen und Strukturen eingeführt werden. Darüber hinaus empfehlen wir auch immer eine Schnupper-Phase für neue Ehrenamtler. Du kannst es dir, wie eine Art Probezeit vorstellen, wo die Neulinge entscheiden können, ob die Aufgabe zu ihnen passt und ob sie ihnen Spaß machen. Damit nimmst du ihnen nämlich auch die Angst, dass sie sich sofort gebunden und von neuen Sachen überfordert fühlen könnten.
4. Modernes gemeinschaftliches Arbeiten ermöglichen
Der vierte Punkt betrifft die Förderung des gemeinschaftlichen und kollaborativen Arbeitens. Die Digitalisierung kann dir auch die Vereinsarbeit ein bisschen vereinfachen. Das geht ein Stück weit in die bereits beschriebene Richtung der Flexibilisierung, aber aus unserer Sicht sogar noch ein Stück weiter. Durch dieses gemeinschaftliche Arbeiten in Form von Videokonferenzen, über Cloud-Services oder über die Möglichkeit, dass Leute Social Media nutzen, gibt es neue Möglichkeiten der gemeinsamen Arbeit. Viele Arbeiten können dezentral erledigt werden und du schaffst somit Hürden für potentielle Ehrenamtliche ab. So können über einen Datenaustausch per Cloud alle Vereinsmietglieder auf dem neusten Stand bleiben und haben immer die aktuellsten Dokumente zur Verfügung.
Der zweite Aspekt sind die digitalen Teams und Projektgruppen, welche durch die Videokonferenzen ermöglicht werden. Wenn jemand zum Beispiel nicht vor Ort sein kann, aber trotzdem sein Know-How einbringen möchte, wäre diese Variante sicherlich sinnvoll. Projektmanagement-Tools wie zum Beispiel Slack oder Microsoft Teams machen die gesamte gezielte digitale Kommunikation einfacher und übersichtlicher. Es gibt auf dem Markt auch unzählige andere Tools.
Schlussendlich kommt man auch in Vereinen immer mehr zur Überzeugung, dass die Digitalisierung nicht mehr zu stoppen ist. Die erste Stufe der Digitalisierung haben die meisten Vereine schließlich schon hinter sich und viele erkennen dadurch auch die enormen Vorteile. Heute führt hoffentlich kein Kassenwart sein Kassenbuch noch mit Stift wie in den 80er Jahren, sondern vieles davon läuft online oder digital. Vereine stehen allerdings schon vor dem nächsten Schritt der Digitalisierung, auch wenn das Ganze ggf. noch nicht so für einen selber greifbar ist. Die jüngeren Engagierten wachsen mit der neuen Technik auf und sind daher zum Teil deutlich affiner dafür. Nutze das also und probiere einfach ein paar Sachen aus. Bedenke, was für Berufseinsteiger heute noch neu ist, ist in 5 Jahren bereits der Standard. Du solltest also diese Entwicklung nicht verschlafen.
Wir hoffen, dass wir Dir mit diesen vier Punkten Anregungen geben konnten, wie du die Gewinnung von Ehrenamtlichen in deinem Verein voranbringen kannst. Schreib uns gerne, wenn du Fragen hast oder uns von deiner persönlichen Erfolgsgeschichte erzählen möchtest. In zukünftigen Beiträgen werden wir dann auf einzelne Tools eingehen, welche du in deinem Verein zur Umsetzung der Ehrenamtsgewinnung einsetzen kannst.
Deine Vereinsstrategen
(Martin Schüttler)