
Langer Corona-Lockdown – Sterben uns jetzt die Vereine weg?
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Sechs Maßnahmen, die helfen können
In diesem Beitrag wollen wir dir zum einem die aktuellen und zukünftigen Folgen der Coronapandemie für deinen Verein aufzeigen, zum anderen dir Denkanstöße geben, was du aus dieser Krise lernen kannst. Wir haben deswegen, die aus unserer Sicht wichtigsten Fragen, die dich als Verein jetzt beschäftigen sollten, einmal zusammengetragen.
Bleiben die Vereinsmitglieder oder treten jetzt alle aus?
Grundsätzlich treten wenige Leute wegen Corona aus dem Verein aus – also aufgrund der Tatsache, dass sie in den letzten Monaten Leistungen teilweise oder gar nicht in Anspruch nehmen konnten. Dies ist also gut für eure Beitragskalkulation zur Finanzierung eures Vereins. Was aber eine größere Beachtung finden sollte, ist die natürliche Fluktuation bei den Vereinsaustritten und den Vereinseintritten. Denn während die Austritte weiterhin durch Umzug, geänderter Interessen oder veränderten Lebenssituationen stattfinden, sieht das bei den Eintritten ganz anders aus. Durch die Coronakrise und vor allem durch den Lockdown ist jetzt schon feststellbar, dass die Eintritte im Durchschnitt der Vorjahre deutlich geringer sind und damit die natürlichen Austritte nicht mehr kompensiert werden können. Dies wird langfristig für die Vereine spürbare Folgen haben – vor allem auch finanziell.
Welche Art von Vereinen trifft dieses Problem wahrscheinlich am stärksten?
Das ist aktuell noch schwierig zu sagen. Wir glauben aber, dass es die kleinen Dorfvereine bzw. kleineren Spartenvereine weniger betreffen wird, als die großen oder mittelgroßen Sportvereine vor allem in Städten. Dafür sprechen zwei Gründe. Zum einem ist das Zusammengehörigkeitsgefühl in kleineren bzw. Spartenvereinen höher, die meisten Mitglieder sind also emotionaler an den Verein gebunden. Die Schwelle des Austritts ist damit deutlich höher als bei den meist anonymeren Großsportvereinen in Städten. Zum anderen ist in Nicht-Krisenzeiten deutlich ersichtlich, dass es in Großsportvereinen eine höhere Fluktuation gibt. Die fehlenden Neueintritte machen ihnen also stark zu schaffen. Vor allem wenn ein Teil der Vereinsstrategie darauf beruhte, dass der Verein viele Mitglieder über das hauseigene Fitnessstudio gewonnen hat, könnte dies jetzt zu einem echten Risiko werden, weil die emotionale Bindung an den Verein hier wahrscheinlich am geringsten ist.
Was bedeutet Corona für die Finanzen?
Auch hier muss man differenzieren. Grundsätzlich sind natürlich durch die Absageb von Veranstaltungen Umsätze weggebrochen. Das heißt aber noch lange nicht, dass das Geschäftsjahr 2020 für den Verein bezogen auf den Gewinn schlecht war. Paradoxerweise sind die Erträge aus den ausgefallenen Veranstaltungen bei vielen Vereinen mehr als kompensiert worden durch die Mitgliedsbeiträge. Diese sind trotz einzelner Austritte weiter geflossen, die Kosten für die Mitgliedsleistungen sind allerdings stark gesunken. Durch die ausgefallenen Trainings mussten keine Überleitungsstunden bezahlt werden, welche normalerweise einen bedeutenden Teil der jährlichen Gesamtkosten bei einem Verein ausmachen.
Trotzdem besteht mittelfristig eine große Gefahr für die Finanzen. Sobald die Coronapandemie vorbei ist, werden die Kosten wieder in die bekannten Höhen ansteigen. Durch das bereits besprochene Problem der fehlenden Mitgliedseintritte während der Pandemie werden die Mitgliedsbeitragseinnahmen allerdings geringer als in den Vorjahren sein. Hier müssen sich Vereine drauf einstellen.
Falls eine weitere entscheidende Ertragssäule bei dir das Sponsoring durch Unternehmen sein sollte, geh zeitnah auf diese zu. Kläre ab, ob sie ggf. finanzielle Probleme durch die Pandemie haben und du somit auf Einnahmen verzichten musst. Besprich aber auch mit den Partnern, ob jemand sich nach der Vertragslaufzeit aus dem Engagement zurückziehen möchte, weil er sparen muss. Dies ist wichtig, damit du auf etwaige Finanzierungslücken reagieren kannst.
Grundsätzlich stehen Vereine jetzt zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder du hältst das Geld zusammen, weil du siehst, dass das finanzielle Risiko bei euch im Verein hoch ist oder ihr hattet einen unerwartet hohen Gewinn. Dann solltet du überlegen, ob dein Verein jetzt nicht langfristig investiert und eine Chance nutzen sollte. Gerade im Bereich der digitalen Vereinsentwicklung gibt es einige Förderprogramme, die du nutzen könntest.
Falls dein Verein zu den glücklichen gehört, die einen unerwartet hohen Gewinn erzielt haben, musst du keine Sorgen vor dem Finanzamt haben. Die Gemeinnützigkeit ist nicht gefährdet. Argumentiere gegenüber dem Finanzamt, dass diese Gelder gebraucht werden, um die finanziellen Folgen der Krise in den nächsten Jahren abzufangen und um in teure Zukunftsprojekte zu investieren. Sprich hier am besten noch einmal mit eurem Steuerberater.
Was gibt es aktuell noch für Unterstützungsprogramme für Vereine?
Hier muss man drei Bereiche unterscheiden. Es gibt private, länderspezifische und bundesspezifische Unterstützungsprogramme. Bei den privaten ist sicherlich „We kick Corona“ zu nennen. Diese Initiative fördert vor allem Vereine, welche einen gesellschaftlichen Auftrag haben und durch Corona in akute Not gekommen sind. Die Förderprogramme der Länder sind schon länger aktiv, deswegen sind je nach Bundesland ggf. die Fördersummen schon vollständig vergeben. Wir gehen aber davon aus, dass umso länger der Lockdown geht, umso höher wird auch der Bedarf an Unterstützung. Dementsprechend ist es also wahrscheinlich, dass die Summen noch einmal aufgestockt werden. Hier gilt es wachsam zu sein und die Entwicklung der nächsten Wochen zu begleiten. Die Programme, die der Bund aufgelegt hat, wurden bereits verlängert z.B. das Novembergeld, Kurzarbeitergeld, KFW-Kredite. Man muss allerdings sagen, dass gerade bei den Programmen des Bundes die meisten Vereine nicht partizipieren können. Dies kann maximal für Großsportvereine eine interessante Option sein. Für detaillierte Besprechung dieser Programme sei auf den Podcast verwiesen.
Was könnten die gesellschaftlichen Folgen sein, wenn Vereine sparen müssen?
Die Vereine übernehmen viele gesellschaftliche Aufgaben, sei es z.B. Inklusion oder Integration. Wenn die Vereine sparen müssen und deswegen Angebote gestrichen werden, wird dies negative Folgen für die Teilnehmer haben. Erfolgreiche Arbeit wird wieder zurückgeworfen, erreichte Ergebnisse ggf. egalisiert. Wir denken da z.B. an Themen, wie die Isolation von depressiven Menschen durch den Lockdown oder Rückschritte bei der Integrationsarbeit von Geflüchteten. Aber auch wenn wir jetzt nur an fehlenden Sport bei Kindern denken – es wird z.B. einen Jahrgang an Kindern geben, welche nie Schwimmunterricht erhalten haben. Aber auch das Problem des immer größeren Anteils an übergewichtigen Kindern wird sich weiter verschärfen.
Wenn wir uns den Bereich der Nachwuchsleistungssportler anschauen, das gleiche Bild. In einer bedeutenden Entwicklungszeit auf dem Weg zum Spitzensportler kann nicht weiter konstant an den Fähigkeiten trainiert werden. Dies macht die spätere Karriere im Spitzensport unwahrscheinlicher. Auch eine völlige Abkehr von der Sportart durch das Jahr Pause ist möglich.
6 Handlungsempfehlungen, welche du prüfen solltest
Das Ende der Vereinslandschaft erwarten wir aber nicht, auch wenn sicher nicht alle Vereine überleben werden. Deswegen haben wir für die sechs Handlungsempfehlungen herausgearbeitet, wo wir glauben, dass du damit gut durch die Coronakrise kommst.
1. Ruhe bewahren und mit den Mitgliedern kommunizieren.
- Versuche mit den Leuten in Kontakt zu blieben, denn die meisten warten nur auf euch
- Biete einen Einkaufsservice an für Leute, die gerade in Quarantäne sind
- Rufe sie an, wenn sie Geburtstag haben
- Nutze digitale Räume bzw. Medien für Sport oder einfach zur Kommunikation
2. Fördermitgliedschaften
- Überprüfe dein Mitgliedschaftsmodell, denn ggf. macht die Einführung einer Fördermitgliedschaft Sinn, um die finanziellen Folgen von Corona abzufangen
- Überlege, ob du in diesem Zuge regionale Kooperationen mit regionalen Betrieben machst (z.B. jedes Fördermitglied bekommt bei Backer Müller 5% Rabatt auf die Brötchen)
- Macht vor allem in Kleinstädten oder Dörfern/Dorfgemeinschaften Sinn
- Der Verein ist sicherlich mit dieser Aktion ein Gesprächsthema im regionalen Bereich
3. Strategische Projekte angehen
- Beschäftige dich mit den Projekten, die ihr immer angehen wolltet, aber aufgrund des Tagesgeschäfts immer liegen geblieben sind
- Sammle neue Ideen, wir ihr den Verein langfristig nach vorne bringt
4. Angebote evaluieren
- Durch die Austritte von Mitgliedern aufgrund von Corona haben sich ggf. Abteilungsgrößen signifikant geändert. Ggf. musst du deswegen über die Fortführung einzelner Sparten nachdenken.
- Sparten, welche bereits vorher defizitär waren, sollten jetzt auf jeden Fall noch mal kritisch geprüft werden vor allem, wenn der Verein durch die Krise finanziell angeschlagen ist
- Verändertes Nutzungsverhalten der einzelnen Sportarten sollte überprüft werden, um so neue Mitglieder zu gewinnen. So hat z.B. Radfahren einen wahren Boom in 2020 erlebt. Überlege, ob du solche Boomsportarten bei dir im Verein anbieten möchtest.
5. Neue Konzepte zur Mitgliedergewinnung ab Frühjahr
- Dies machst du am besten nachdem ihr die Angebotsevaluierung im Verein vorgenommen habt
- Überlege dir, wie willst du potentielle Mitglieder ansprechen und wer sind die potentiellen Mitglieder
- Versuche das Gefühl zu nutzen, dass die Menschen wieder mehr Gemeinschaft wollen und ihr den Mitgliedern als Verein auch in dieser schlimmen Phase beigestanden habt. Nutze das in eurem Marketing.
6. Digitalisierung vorantreiben
- Es gibt aktuell extrem viele Fördermöglichkeiten für Vereine in diesem Bereich.
- Die Krise hat gezeigt, wie wichtig das Thema Infrastruktur ist. Auch die Menschen haben gelernt, mehr und mehr mit digitalen Tools umzugehen.
- Onlinekurse und Onlinemeetings, welche der Verein aktuell anbietet, sollten überprüft werden auf ihren zukünftigen Nutzen nach der Krise. Wenn ihr der Meinung seid, es bringt auch zukünftig etwas, dann investiert in die Weiterentwicklung.
- Überprüfe wie viele Mitglieder in deinem Verein ortsabwesend sind.
- Denke über deine digitale Ehrenamtsstruktur und digitales Engagement nach.
Dieser Artikel kann natürlich nur die wichtigsten Punkte zusammenfassen. Im Podcast gehen wir auf einige Punkte noch einmal genauer ein. Wir hoffen aber sehr, dass wir dir helfen konnten, dass du die aktuelle Situation bzw. auch die zukünftige besser einschätzen kannst. Bei Fragen sende uns gerne eine E-Mail an info@vereinsstrategen.de. Ggf. nehmen wir diese dann auch noch einmal im Podcast auf.
Deine Vereinsstrategen
(MSc)