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Langer Corona-Lockdown – Sterben uns jetzt die Vereine weg?

Langer Corona-Lockdown – Sterben uns jetzt die Vereine weg?

Aktuelle Themen 

Sechs Maßnahmen, die helfen können

 

In diesem Beitrag wollen wir dir zum einem die aktuellen und zukünftigen Folgen der Coronapandemie für deinen Verein aufzeigen, zum anderen dir Denkanstöße geben, was du aus dieser Krise lernen kannst. Wir haben deswegen, die aus unserer Sicht wichtigsten Fragen, die dich als Verein jetzt beschäftigen sollten, einmal zusammengetragen.

Bleiben die Vereinsmitglieder oder treten jetzt alle aus?

Grundsätzlich treten wenige Leute wegen Corona aus dem Verein aus – also aufgrund der Tatsache, dass sie in den letzten Monaten Leistungen teilweise oder gar nicht in Anspruch nehmen konnten. Dies ist also gut für eure Beitragskalkulation zur Finanzierung eures Vereins. Was aber eine größere Beachtung finden sollte, ist die natürliche Fluktuation bei den Vereinsaustritten und den Vereinseintritten. Denn während die Austritte weiterhin durch Umzug, geänderter Interessen oder veränderten Lebenssituationen stattfinden, sieht das bei den Eintritten ganz anders aus. Durch die Coronakrise und vor allem durch den Lockdown ist jetzt schon feststellbar, dass die Eintritte im Durchschnitt der Vorjahre deutlich geringer sind und damit die natürlichen Austritte nicht mehr kompensiert werden können. Dies wird langfristig für die Vereine spürbare Folgen haben – vor allem auch finanziell.

Welche Art von Vereinen trifft dieses Problem wahrscheinlich am stärksten?

Das ist aktuell noch schwierig zu sagen. Wir glauben aber, dass es die kleinen Dorfvereine bzw. kleineren Spartenvereine weniger betreffen wird, als die großen oder mittelgroßen Sportvereine vor allem in Städten. Dafür sprechen zwei Gründe. Zum einem ist das Zusammengehörigkeitsgefühl in kleineren bzw. Spartenvereinen höher, die meisten Mitglieder sind also emotionaler an den Verein gebunden. Die Schwelle des Austritts ist damit deutlich höher als bei den meist anonymeren Großsportvereinen in Städten. Zum anderen ist in Nicht-Krisenzeiten deutlich ersichtlich, dass es in Großsportvereinen eine höhere Fluktuation gibt. Die fehlenden Neueintritte machen ihnen also stark zu schaffen. Vor allem wenn ein Teil der Vereinsstrategie darauf beruhte, dass der Verein viele Mitglieder über das hauseigene Fitnessstudio gewonnen hat, könnte dies jetzt zu einem echten Risiko werden, weil die emotionale Bindung an den Verein hier wahrscheinlich am geringsten ist.

Was bedeutet Corona für die Finanzen?

Auch hier muss man differenzieren. Grundsätzlich sind natürlich durch die Absageb von Veranstaltungen Umsätze weggebrochen. Das heißt aber noch lange nicht, dass das Geschäftsjahr 2020 für den Verein bezogen auf den Gewinn schlecht war. Paradoxerweise sind die Erträge aus den ausgefallenen Veranstaltungen bei vielen Vereinen mehr als kompensiert worden durch die Mitgliedsbeiträge. Diese sind trotz einzelner Austritte weiter geflossen, die Kosten für die Mitgliedsleistungen sind allerdings stark gesunken. Durch die ausgefallenen Trainings mussten keine Überleitungsstunden bezahlt werden, welche normalerweise einen bedeutenden Teil der jährlichen Gesamtkosten bei einem Verein ausmachen.
Trotzdem besteht mittelfristig eine große Gefahr für die Finanzen. Sobald die Coronapandemie vorbei ist, werden die Kosten wieder in die bekannten Höhen ansteigen. Durch das bereits besprochene Problem der fehlenden Mitgliedseintritte während der Pandemie werden die Mitgliedsbeitragseinnahmen allerdings geringer als in den Vorjahren sein. Hier müssen sich Vereine drauf einstellen.
Falls eine weitere entscheidende Ertragssäule bei dir das Sponsoring durch Unternehmen sein sollte, geh zeitnah auf diese zu. Kläre ab, ob sie ggf. finanzielle Probleme durch die Pandemie haben und du somit auf Einnahmen verzichten musst. Besprich aber auch mit den Partnern, ob jemand sich nach der Vertragslaufzeit aus dem Engagement zurückziehen möchte, weil er sparen muss. Dies ist wichtig, damit du auf etwaige Finanzierungslücken reagieren kannst.

Grundsätzlich stehen Vereine jetzt zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder du hältst das Geld zusammen, weil du siehst, dass das finanzielle Risiko bei euch im Verein hoch ist oder ihr hattet einen unerwartet hohen Gewinn. Dann solltet du überlegen, ob dein Verein jetzt nicht langfristig investiert und eine Chance nutzen sollte. Gerade im Bereich der digitalen Vereinsentwicklung gibt es einige Förderprogramme, die du nutzen könntest.

Falls dein Verein zu den glücklichen gehört, die einen unerwartet hohen Gewinn erzielt haben, musst du keine Sorgen vor dem Finanzamt haben. Die Gemeinnützigkeit ist nicht gefährdet. Argumentiere gegenüber dem Finanzamt, dass diese Gelder gebraucht werden, um die finanziellen Folgen der Krise in den nächsten Jahren abzufangen und um in teure Zukunftsprojekte zu investieren. Sprich hier am besten noch einmal mit eurem Steuerberater.

Was gibt es aktuell noch für Unterstützungsprogramme für Vereine?

Hier muss man drei Bereiche unterscheiden. Es gibt private, länderspezifische und bundesspezifische Unterstützungsprogramme. Bei den privaten ist sicherlich „We kick Corona“ zu nennen. Diese Initiative fördert vor allem Vereine, welche einen gesellschaftlichen Auftrag haben und durch Corona in akute Not gekommen sind. Die Förderprogramme der Länder sind schon länger aktiv, deswegen sind je nach Bundesland ggf. die Fördersummen schon vollständig vergeben. Wir gehen aber davon aus, dass umso länger der Lockdown geht, umso höher wird auch der Bedarf an Unterstützung. Dementsprechend ist es also wahrscheinlich, dass die Summen noch einmal aufgestockt werden. Hier gilt es wachsam zu sein und die Entwicklung der nächsten Wochen zu begleiten. Die Programme, die der Bund aufgelegt hat, wurden bereits verlängert z.B. das Novembergeld, Kurzarbeitergeld, KFW-Kredite. Man muss allerdings sagen, dass gerade bei den Programmen des Bundes die meisten Vereine nicht partizipieren können. Dies kann maximal für Großsportvereine eine interessante Option sein. Für detaillierte Besprechung dieser Programme sei auf den Podcast verwiesen.

Was könnten die gesellschaftlichen Folgen sein, wenn Vereine sparen müssen?

Die Vereine übernehmen viele gesellschaftliche Aufgaben, sei es z.B. Inklusion oder Integration. Wenn die Vereine sparen müssen und deswegen Angebote gestrichen werden, wird dies negative Folgen für die Teilnehmer haben. Erfolgreiche Arbeit wird wieder zurückgeworfen, erreichte Ergebnisse ggf. egalisiert. Wir denken da z.B. an Themen, wie die Isolation von depressiven Menschen durch den Lockdown oder Rückschritte bei der Integrationsarbeit von Geflüchteten. Aber auch wenn wir jetzt nur an fehlenden Sport bei Kindern denken – es wird z.B. einen Jahrgang an Kindern geben, welche nie Schwimmunterricht erhalten haben. Aber auch das Problem des immer größeren Anteils an übergewichtigen Kindern wird sich weiter verschärfen.
Wenn wir uns den Bereich der Nachwuchsleistungssportler anschauen, das gleiche Bild. In einer bedeutenden Entwicklungszeit auf dem Weg zum Spitzensportler kann nicht weiter konstant an den Fähigkeiten trainiert werden. Dies macht die spätere Karriere im Spitzensport unwahrscheinlicher. Auch eine völlige Abkehr von der Sportart durch das Jahr Pause ist möglich.

6 Handlungsempfehlungen, welche du prüfen solltest

Das Ende der Vereinslandschaft erwarten wir aber nicht, auch wenn sicher nicht alle Vereine überleben werden. Deswegen haben wir für die sechs Handlungsempfehlungen herausgearbeitet, wo wir glauben, dass du damit gut durch die Coronakrise kommst.

1. Ruhe bewahren und mit den Mitgliedern kommunizieren.

  • Versuche mit den Leuten in Kontakt zu blieben, denn die meisten warten nur auf euch
  • Biete einen Einkaufsservice an für Leute, die gerade in Quarantäne sind
  • Rufe sie an, wenn sie Geburtstag haben
  • Nutze digitale Räume bzw. Medien für Sport oder einfach zur Kommunikation

2. Fördermitgliedschaften

  • Überprüfe dein Mitgliedschaftsmodell, denn ggf. macht die Einführung einer Fördermitgliedschaft Sinn, um die finanziellen Folgen von Corona abzufangen
  • Überlege, ob du in diesem Zuge regionale Kooperationen mit regionalen Betrieben machst (z.B. jedes Fördermitglied bekommt bei Backer Müller 5% Rabatt auf die Brötchen)
  • Macht vor allem in Kleinstädten oder Dörfern/Dorfgemeinschaften Sinn
  • Der Verein ist sicherlich mit dieser Aktion ein Gesprächsthema im regionalen Bereich

3. Strategische Projekte angehen

  • Beschäftige dich mit den Projekten, die ihr immer angehen wolltet, aber aufgrund des Tagesgeschäfts immer liegen geblieben sind
  • Sammle neue Ideen, wir ihr den Verein langfristig nach vorne bringt

4. Angebote evaluieren

  • Durch die Austritte von Mitgliedern aufgrund von Corona haben sich ggf. Abteilungsgrößen signifikant geändert. Ggf. musst du deswegen über die Fortführung einzelner Sparten nachdenken.
  • Sparten, welche bereits vorher defizitär waren, sollten jetzt auf jeden Fall noch mal kritisch geprüft werden vor allem, wenn der Verein durch die Krise finanziell angeschlagen ist
  • Verändertes Nutzungsverhalten der einzelnen Sportarten sollte überprüft werden, um so neue Mitglieder zu gewinnen. So hat z.B. Radfahren einen wahren Boom in 2020 erlebt. Überlege, ob du solche Boomsportarten bei dir im Verein anbieten möchtest.

5. Neue Konzepte zur Mitgliedergewinnung ab Frühjahr

  • Dies machst du am besten nachdem ihr die Angebotsevaluierung im Verein vorgenommen habt
  • Überlege dir, wie willst du potentielle Mitglieder ansprechen und wer sind die potentiellen Mitglieder
  • Versuche das Gefühl zu nutzen, dass die Menschen wieder mehr Gemeinschaft wollen und ihr den Mitgliedern als Verein auch in dieser schlimmen Phase beigestanden habt. Nutze das in eurem Marketing.

6. Digitalisierung vorantreiben

  • Es gibt aktuell extrem viele Fördermöglichkeiten für Vereine in diesem Bereich.
  • Die Krise hat gezeigt, wie wichtig das Thema Infrastruktur ist. Auch die Menschen haben gelernt, mehr und mehr mit digitalen Tools umzugehen.
  • Onlinekurse und Onlinemeetings, welche der Verein aktuell anbietet, sollten überprüft werden auf ihren zukünftigen Nutzen nach der Krise. Wenn ihr der Meinung seid, es bringt auch zukünftig etwas, dann investiert in die Weiterentwicklung.
  • Überprüfe wie viele Mitglieder in deinem Verein ortsabwesend sind.
  • Denke über deine digitale Ehrenamtsstruktur und digitales Engagement nach.

Dieser Artikel kann natürlich nur die wichtigsten Punkte zusammenfassen. Im Podcast gehen wir auf einige Punkte noch einmal genauer ein. Wir hoffen aber sehr, dass wir dir helfen konnten, dass du die aktuelle Situation bzw. auch die zukünftige besser einschätzen kannst. Bei Fragen sende uns gerne eine E-Mail an info@vereinsstrategen.de. Ggf. nehmen wir diese dann auch noch einmal im Podcast auf.

Deine Vereinsstrategen
(MSc)

Mitgliederversammlung und Corona – Was geht?

Mitgliederversammlung und Corona – Was geht?

Mitgliederversammlung

Kontaktbeschränkungen auch im Jahr 2021

 

In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit dem Thema Mitgliederversammlungen (MV) in Zeiten der Corona-Pandemie (Stand des Artikels Ende November 2020). Wir schauen uns dabei die verschiedenen Optionen und Möglichkeiten an und versuchen diese für dich einzuordnen. Im Kern geht es um die Frage, ob eine reguläre Versammlung stattfinden kann, ob eine digitale Mitgliederversammlung eine Alternative wäre und was es mit dem Umlaufverfahren auf sich hat.

Erst einmal lässt sich sagen, dass die Corona-Pandemie die Vereine eiskalt erwischt hat. Viele Mitgliederversammlungen wurden behördlich untersagt und mussten im ersten Quartal 2020 abgesagt werden. In der Regel steht in deiner Satzung ein Passus, der von dir verlangt in regelmäßigen Abständen (jährlich, alle zwei Jahre, etc.) eine Mitgliederversammlung durchzuführen. Eine Abkehr von dieser Regel ist grundsätzlich nicht möglich, da die Satzung quasi das Gesetz des Vereins ist, über das sich der Vorstand nicht stellen kann und darf. Ihr müsst also eine MV durchführen, solange dies möglich ist. Wenn ihr eure MV absagen musstet und bisher noch nicht nachholen konntet, ist das allerdings nicht schlimm. Der Beginn der Corona-Pandemie in diesem Frühjahr ist ein klassisches Beispiel für höhere Gewalt und hat es euch unmöglich gemacht, eure Versammlung durchzuführen. Ihr habt als Vorstand ebenfalls für den Schutz der Mitglieder zu sorgen und daher wäre eine Durchführung mit der Vorgabe unnötige Kontakte zu vermeiden unverhältnismäßig gewesen.

Das COVID-19 Insolvenzaussetzungsgesetz

Auch die Bundesregierung hat diese Notlage erkannt und im Frühjahr 2020 ein neues Gesetz beschlossen, was Unternehmen und Vereine unterstützt. Das COVID-19 Insolvenzaussetzungsgesetz (COVinsAG) gibt Spielräume durch Ausnahmeregelungen und Übergangsregeln in dieser Sondersituation. Für Vereine ist Artikel 2 §5 relevant.
Dieser Absatz gibt Regelungen vor, die ohne entsprechende Satzungsgrundlage in jedem Verein gültig sind.

  • Die wichtigsten Punkte für dich:
    Der Vorstand bleibt auch dann im Amt, wenn seine Amtszeit eigentlich abgelaufen ist. Das gilt als Übergangslösung bis zum Zeitpunkt einer Neuwahl 2021 bzw. 2022.
  • Ermöglicht dir virtuelle-Versammlungen und Durchführung von Umlaufverfahren für wichtige Beschlüsse auch ohne entsprechende Satzungsgrundlage
  • Ursprünglich galt diese Regelung bis Ende 2020, wurde nun aber bis Ende 2021 verlängert

Dieses Gesetz schafft also ein wenig Klarheit, wie es bei dir im Verein weitergeht, wenn du 2020 keine MV durchführen konntest bzw. wie deine Alternativen aussehen könnten. Für die Zeit nach dem 31.12.21 ist es ratsam zu überlegen, ob du deine Satzung ebenfalls um diese Möglichkeiten ergänzen möchtest. Damit schaffst du dir mehr Flexibilität und kannst die passende Vorgehensweise für dich aussuchen. Übrigens gab es diese Möglichkeiten auch schon vor Corona. Allerdings haben nur die wenigsten Vereine dies in ihrer Satzung geregelt.

Glauben wir, dass du eine Mitgliederversammlung 2021 in Präsenz durchführen kannst?

Jein.

Eine Mitgliederversammlung „normal“ durchzuführen dürfte sich auch im nächsten Jahr schwierig gestalten. Es kommt also ganz stark auf die Größe deines Vereins (und damit der Anzahl der Teilnehmern an der Veranstaltung) und auf den geplanten Zeitpunkt an. Aus dem Jahr 2020 und der Entwicklung der Corona-Pandemie in diesem Winter sollte sich ableiten lassen, dass eine MV im Frühjahr unrealistisch ist. 20 Teilnehmer sind allerdings weniger ein Problem in der Organisation, als wenn dein Verein oder deine Abteilung mit 100 oder mehr Teilnehmern planen muss. Möchtest du dir die Option auf eine Präsenzveranstaltung offen lassen, dann würden wir dir den Zeitraum rund um die Sommerferien in deinem Bundesland für eine erste Terminplanung nahelegen. Dabei spielt es übrigens auch keine Rolle, ob deine Satzung einen anderen Zeitraum vorschreibt – diese Regelungen sind mit dem COVInsAG ausgesetzt.

Theoretisch könntet ihr die Situation sogar aussitzen und euch schon jetzt entscheiden, dass ihr 2021 gar keine MV durchführen wollt. Auch das ist möglich, da das Gesetz ja bis Ende 2021 gültig ist. Dann stellt sich nur die Frage – Könnte der Vorstand damit ein Haftungsproblem bekommen?
Als Konsequenz aus diesem Handeln bliebe sicherlich ein gewisses Haftungsrisiko des Vorstandes bestehen. Es gibt ja keine endgültige Legitimation der Mitglieder für z.B. Investitionen. Jedoch müssen diese erst einmal nachweisen, dass und in welcher Höhe dem Verein ein Schaden durch die entfallene Versammlung entstanden ist. Auch wenn wir das Risiko eher als gering einschätzen, solltest du für 2021 eine MV planen und nicht gleich den Kopf in den Sand stecken. Ein wenig Optimismus schadet schließlich nicht!

Wie sehen die Alternativen zur Präsenzveranstaltung nun im Detail aus?

Virtuelle Veranstaltung

Bei dieser Art der Veranstaltung verlagerst du die MV in den virtuellen Raum. Das bedeutet, dass sowohl du, als auch deine Mitglieder eine spezielle Softwarelösung nutzen und sich von verschiedenen Orten zur Versammlung zuschalten zu können. Hier musst du im Vorfeld abwägen, ob so eine Versammlung bei dir im Verein umsetzbar ist und wie lange du in der Vorbereitung brauchst. Allen stimmberechtigten Mitgliedern muss der Zugang zur Versammlung möglich gemacht werden. Meiner Meinung nach bedeutet das jedoch nicht, dass du bei den Leuten daheim alles einrichten musst. Ich vergleiche das mal mit der normalen MV. Da organisiert ihr ja auch keinen Shuttleservice von der Haustür des Mitglieds zum Veranstaltungsort, nur weil diesem grad kein Auto zur Verfügung steht.
Nichtsdestotrotz ist die erstmalige Vorbereitung aufwändig. Du musst alle Regelungen wie bei einer Präsenz-Versammlung einhalten. Das betrifft z.B. die Einladungsfristen an alle Mitglieder, Antragsfristen und natürlich braucht ihr auch ein Protokoll. Wichtig ist, dass du die Mitgliederrechte (z.B. Stimmrecht, Teilnahme an Diskussionen, Antragsrecht ) wahrst, damit niemand die Beschlüsse anfechten kann.
Hier ist die Wahl der Software entscheidend, da der Zugang zur Versammlung nur über ein Passwort möglich sein sollte. Die Themen Datenschutz und Protokollierung rechtssicherer Beschlüsse spielen bei der Wahl der Software ebenso eine Rolle.
Wir können hier leider keine Empfehlung für eine Software geben. Theoretisch gibt es viele Möglichkeiten auf dem Markt, aber die eben genannten Kriterien erfüllen nur die wenigsten von Ihnen. Die wirklich rechtssichere „Profi-Software“ ist dann vergleichsweise teuer und nicht unbedingt erschwinglich für Vereine.

Durch virtuelle Veranstaltungen ermöglichst du auch ortsabwesenden Mitgliedern die Ausübung ihrer Mitgliederrechte. Dies ist im Sinne der Demokratie förderlich, kann im Einzelfall aber auch zu anderen Ergebnissen führen als erwartet. Vor allem dann, wenn du die Mitglieder im Vorfeld nicht ausreichend über deine Beschlüsse informierst, sind Diskussionen vorprogrammiert. Diese verlaufen erfahrungsgemäß anders als in Präsenzveranstaltungen.

Für die wenigsten Vereine macht die Ausrichtung einer virtuellen Veranstaltung in den letzten verbliebenen Wochen des Jahres 2020 Sinn. Auch im ersten Quartal 2021 muss kein Verein überstürzt eine Versammlung organisieren. Dafür sind die gesetzlichen Übergangsregelungen gedacht und diese sind aus unserer Sicht rechtlich gesehen völlig ausreichend. Solltest du unbedingt und unaufschiebbar eine MV benötigen, weil dein Verein kurz vor der Insolvenz steht, wenn kein Darlehen aufgenommen wird, oder dein geplantes Bauvorhaben stockt, weil ein Beschluss der MV fehlt, ist die virtuelle Versammlung mit einer guten Vorbereitung eine Alternative für dich.

Denkbar ist übrigens auch, dass ein Teil der Mitglieder sich in Präsenz trifft und ein anderer Teil sich virtuell zur Versammlung dazu schaltet. (sog. Hybridversammlung)

Umlaufverfahren

Was kannst du tun, wenn dein Verein nicht die technischen Mittel und das Know-How für eine virtuelle Versammlung hat? Da greift jetzt die dritte Möglichkeit: Keine Versammlung durchführen, aber Wahlen und Beschlüsse über ein Umlaufverfahren herbeiführen.

Ein paar Facts zum Umlaufverfahren:

  • Funktioniert wie eine Briefwahl
  • Mitglieder können VOR einem Stichtag ihre Stimme abgeben
  • Bisher war es so, dass in der Regel ALLE Mitglieder ihre Antwort per Brief übermitteln mussten
  • Beschlüsse galten nur einstimmig – bei größeren Vereinen quasi unmöglich
  • Eine Stimmabgabe ist nur schriftlich und nicht mündlich möglich
  • Sonderregelung greifen durch das COVInsAG:
  • Umlaufbeschlüsse müssen nicht mehr einstimmig gefasst werden. Stattdessen gelten die in der Satzung oder im Gesetz festgelegten Mehrheiten
  • ABER: Bei diesem Verfahren müssen weiterhin alle Mitglieder beteiligt (also angeschrieben) werden UND es müssen mindesten 50% der Mitglieder eine Antwort geben, damit die Wahl oder der Beschluss gültig ist
  • Stimmabgabe durch Mitglieder ist auch per Email oder Fax möglich und nicht nur auf dem Postweg
  • Gewisse Hürden sind je nach Vereinsgröße also vorhanden

Du musst deine Mitglieder im Vorfeld dieser Art der Beschlussfassung gut informieren. Das bedeutet, dass du zur Vorbereitung z.B. auf dem Postweg eine ausformulierte Beschlussvorlage und Wahlzettel versendest und einen Rückumschlag hinzufügst. Damit baust du eine Hürde ab, den Brief zurückzusenden. Du musst in der Kommunikation vor der Versendung der Unterlagen auch darauf aufmerksam machen, wie und bis wann Mitglieder Anträge einbringen können, die es in die Beschlussvorlage schaffen. Eine Diskussion im Plenum ist bei einer Briefwahl schließlich nicht möglich.

Die Versammlungen der gewählten Gremien

Jetzt haben wir viel über Mitgliederversammlungen gesprochen. Was ist denn mit Versammlungen der gewählten Gremien? Unterliegen die auch diesen Übergangsregeln?

Das ist in der Tat so! Das Bundesministerium für Justiz verweist darauf, dass diese Übergangsregelungen nicht nur für MV gelten, sondern für alle Beschlüsse in Vereinsorganen. Das gibt euch auch im kleineren Kreis als der MV mehr Flexibilität. Bisher war es in den Bundesländern sowieso schon so, dass gewählte Gremien vom Versammlungsverbot ausgenommen wurden. Schaut bei euch in die Satzung, welche Gremien definiert werden (z.B. Vorstand). Aber auch Abteilungsleiterversammlung, Ältestenrat, Ehrenrat etc. sind denkbar. Generell sollte jeder Verein für sich überlegen, ob eine solche Ausnahmeregelung wirklich genutzt werden sollte und ein Präsenztreffen wirklich notwendig und vernünftig ist. Mit den beiden beschriebenen Alternativen bekommt ihr für die Übergangszeit ein paar gute Werkzeuge an die Hand und vielleicht etabliert sich ja eine neue Arbeitsweise in euren Gremien.

Ein Blick in die aktuell gültige Novelle deiner Landesverordnung lohnt sich aber immer, da die Regelungen der Bundesländer manchmal ein wenig voneinander abweichen. Wir wünschen dir gutes Gelingen und hoffen dir geholfen zu haben.

Deine Vereinsstrategen
(PG)