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Gesundheitssport

Grundlagen und Einstieg

 

In dem heutigen Beitrag geht es um das Thema Präventionssport. Es ist der zweite Teil der Miniserie zum Gesundheitssport. Wir werden in diesem Betrag erläutern, was Präventionssport ist, wie du ihn in deinen Verein einführen kannst, was du beachten musst und erläutern dir, ob es sich finanziell lohnt oder nicht.

Grundsätzlich ist der Präventionssport rechtlich im §20 SGB V geregelt. Dieser Paragraf ermöglicht es dir, dass du mit einer Krankenkasse zusammenarbeiten kannst. Die Krankenkasse sieht in ihrer Satzung Leistungen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten (Gesundheitsförderung) vor. Diese Leistungen stehen in enger Verbindung mit dem §20 SGB V, weil dort eine Vielzahl von Gesundheitszielen genannt sind. Eine beispielhafte Auswahl von Zielen wollen wir dir natürlich nicht vorenthalten:

  • Diabetes mellitus Typ 2: Erkrankungsrisiko senken, Erkrankte früh erkennen und behandeln,
  • Brustkrebs: Mortalität vermindern, Lebensqualität erhöhen,
  • Tabakkonsum reduzieren,
  • gesund aufwachsen: Lebenskompetenz, Bewegung, Ernährung,
  • gesund älter werden

Alle diese Ziele können in eines von vier Handlungsfeldern eingeordnet werden:

  • Ernährung
  • Entspannung
  • Suchmittelkonsum
  • Bewegungsgewohnheiten

Uns interessiert natürlich an dieser Stelle das Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten. Je nachdem, um welches Präventionsprinzip es sich handelt, wird das Handlungsfeld noch einmal unterschieden in „Reduzierung von Bewegungsmangel durch gesundheitssportliche Aktivität“ oder „Vorbeugung und Reduzierung spezieller gesundheitlicher Risiken“. Damit reicht es jetzt aber auch mit dem theoretischem Überblick, gehen wir gleich in die Praxis über.

Zentrale Prüfstelle Prävention (ZPP)

Da es in Deutschland eine Vielzahl an Krankenkassen gibt und sich diese beim Thema Prävention möglichst auf einen Standard einigen mussten, wurde ein einheitliches Prüfverfahren mit entsprechender Zertifizierung für Kurse festgelegt, welches von der ZPP umgesetzt wird. Diese prüft sowohl die Anbieter als auch die Kurse selber auf Eignung. Dies bedeutet für dich, dass du deine Unterlagen also bei der ZPP einreichen musst. Im ersten Schritt musst du dich online registrieren und im Anschluss die angeforderten Unterlagen hochladen. Dabei handelt es sich um Informationen zum Kurs also z.B. Stundenverlaufspläne oder den Nachweis der entsprechenden Qualifikation des Übungsleiters.
Bezüglich der Kurse gibt es zwei Möglichkeiten – entweder du erstellst selber einen Kurs und lässt ihn von der ZPP prüfen oder du nimmst einen Standardkurs. Der Deutsche Turnerbund (DTB) hat unter dem Label Pluspunkt Gesundheit einige Standardkurse zertifiziert, welche du ganz einfach übernehmen kannst. Damit hast du weniger Arbeit bei der Einreichung. Trotzdem handelt es sich bei der Einreichung um einen bürokratischen Akt, du solltest also ein wenig Zeit einplanen. Die Genehmigung des Kurses durch die ZPP ist die Voraussetzung, dass die Krankenkassen den Kursteilnehmern etwas zurückerstatten. Die Prüfung eines Kurses bei der ZPP ist immer kostenlos.

Die Spielregeln für die Kurse

Grundsätzlich erhalten die Kursteilnehmer nach den Ablauf eines zertifizierten Kurses ca. 75% der Kursgebühren erstattet und zwar von den Krankenkassen. Das heißt, wenn der Kurs 100 EUR kostet, müssten die Teilnehmer zu Beginn des Kurses zwar an deinen Verein diese 100 EUR auch zahlen, erhalten allerdings auch von der Krankenkasse nach Abschluss des Kurses wieder ca. 75 EUR zurück. Allerdings kann in der Regel nur ein Präventionskurs pro Jahr und Handlungsfeld von einem Teilnehmer mit dem entsprechendem Zuschuss von der Krankenkasse besucht werden.

Wir haben für dich jetzt einmal einen Standardkurs des DTBs rausgesucht, damit du ein Gefühl bekommst, wie so ein Kurs aussehen kann und was du benötigst: „Bewegen statt schonen“. Dieser Kurs besteht aus 10 Einzelsitzungen je 90 min. Der Übungsleiter erhält dabei ein umfangreiches Kursleitermanual, welches Stundenbilder, Unterrichtsmaterial für den Kursleiter, Teilnehmerunterlagen sowie Formularvordrucke zur Organisation/Umsetzung des Kurses sowie zur Kooperation mit den Krankenkassen enthält. Wenn du einen Kurs selber erstellen möchtest, musst du diese Unterlagen leider selbstständig entwickeln.

Desweiterem musst du bei der ZPP eine angemessene räumliche Voraussetzung vorweisen und eine begrenzte Gruppengröße nachweisen. Diese liegt in der Regel bei 10 bis 12 Teilnehmern, sollte aber nie 15 Personen überschreiten. Diese Gruppe muss von einem qualifizierten Trainer mit der Übungsleiter B-Lizenz Prävention betreut werden. Wenn der Kurs abgeschlossen ist, muss der Übungsleiter den Teilnehmern eine Bescheinigung über die erfolgreiche Teilnahme ausstellen. Diese Bescheinigung ist die Voraussetzung, dass sich die Kursteilnehmer das Geld von der Krankenkasse erstatten lassen können. Ganz wichtig – um an den Kursen teilzunehmen zu dürfen, muss man kein Mitglied im Verein sein.

Kursangebote anbieten – der DTB hilft

Beim DTB gibt es die sogenannte Gymwelt, wo eine Vielzahl an standardisierten Kursen angeboten werden. Beispielhafte Kurse sind z.B. „Fit bis ins hohe Alter“, „Cardio Aktiv“ oder „Trittsicher durchs Leben“. Der Vorteil dieser Kurse ist offensichtlich – der Großteil der Prüfung ist für dich schon erledigt und die Genehmigung durch die ZPP erfolgt ohne großen Mehraufwand.

Eine weitere Möglichkeit ist es natürlich auch selber Kursangebote zu entwickeln. Diese werden im Normalfall von der ZPP für drei Jahre zertifiziert. Neben dem deutlich erhöhtem Aufwand hast du hier aber vor allem die Gefahr, dass das Kursangebot abgelehnt werden könnte und es dann keine Zuschüsse von der Krankenkasse gibt. Wir würden dir bei einer erstmaligen Implementierung eines Gesundheitssportangebotes diesen Weg deshalb nicht empfehlen.

Neben dem bürokratischen Aufwand ist Präventionssport aber eine sehr lohnende Angelegenheit. Die Durchführung des Angebotes selber ist nämlich recht unkompliziert. Du kannst außerdem die Kursgebühren höher ansetzen als bei normalen Vereinsangeboten und hast damit eine hervorragende Möglichkeit andere Abteilungen des Vereins quer zu finanzieren. Da ein Kurs meist nach einem viertel Jahr abgeschlossen ist, kannst du im Anschluss gleich den nächsten Kurs starten. Achte auch darauf, dass du den Kursteilnehmern auch im Anschluss an den Kurs einen Folgekurs oder ein Dauerangebot im Verein anbietest. So kannst du sehr effektiv neue Mitglieder gewinnen.

Wenn du noch weitere Fragen haben solltest, können wir dir als Ansprechpartner deinen Landesturnverband empfehlen. Aber auch andere befreundete Vereine, der LSB, der KSB oder auch die ZPP können wertvolle Impulse geben. Und im Zweifel gibt es natürlich auch noch die Vereinsstrategen.

Der Übungsleiter – verschiedene Wege

Um einen Präventionskurs durchführen zu können, ist ein entscheidende Voraussetzung, dass du einen Übungsleiter Prävention B-Lizenz oder einen Übungsleiter „Sport in der Prävention“ Lizenzstufe II stellen kannst. Dieser Übungsleiter muss in das durchzuführende Gesundheitssportprogramm noch einmal speziell eingewiesen werden. Dabei ist darauf zu achten, dass er nur Kurse der Turn- und Sportvereine durchführen kann, welche mit dem Qualitätssiegel „Sport Pro Gesundheit“ ausgezeichnet wurden.

Neben diesem klassischen Weg kommen für die Durchführung des Kursangebotes aber auch staatlich anerkannte Berufs- und Studienabschlüsse im Bereich Bewegung in Frage. Dies sind:

  • Sportwissenschaftler/in (Abschlüsse: Diplom, Staatsexamen, Magister, Master, Bachelor)
  • Krankengymnast/in, Physiotherapeut/in
  • Sport- und Gymnastiklehrer/in
  • Ärztin/Arzt

Diese müssen aber im Rahmen einer Schulung in das durchzuführende Sportprogramm noch einmal speziell eingewiesen werden. Wenn du Leute für die Durchführung eures Angebotes sucht, empfehlen wir nach Leuten zu schauen, welche schon eine gewisse Affinität für den Bereich Gesundheitssport aufweisen. Physiotherapeuten sind da z.B. eine sehr gute Wahl, da sie ein sehr fundiertes Fachwissen besitzen.

Wenn du jemanden begeistern konntest, eine Prävention B-Lizenz zu machen ohne dass diese Person Vorerfahrungen hat, kommen natürlich erst einmal Kosten für die Ausbildung auf deinen Verein zu. Diese liegen unserer Erfahrung nach zwischen 500 bis 800 Euro je nach Verband. Bedenke bitte aber auch eventuelle Fahrt- und Unterkunftskosten. Informiere dich da einfach bei deinem Landesturnverband, wann die nächste Ausbildung stattfindet und was sie kostet. Um die B-Lizenz Prävention zu machen, ist es egal, welche C-Lizenz du hast (z.B. Breitensport, Leistungssport).

Nach der Ausbildung wirst du deinen neuen Übungsleiter sicherlich entlohnen wollen. Dabei würden wir die Rechnung, wie folgt aufstellen. Grundsätzlich verdienst du mit dem Kursangebot mehr als mit den normalen Vereinsangeboten. Für einen 10-Wochen-Kurs würden wir zwischen 60 und 80 EUR pro Teilnehmer kalkulieren. Bei 15 Teilnehmern sind das im besten Fall 1.200 EUR. Wenn dein Übungsleiter 20 EUR pro Stunde erhält, machst du immer noch ein sehr gutes Geschäft. Wenn du dir unsicher über die Höhe bist, orientiere dich an deinen gut verdienenden Übungsleitern im Verein. So kannst du deinen sehr gut ausgebildeten Übungsleiter auch dauerhaft durch die entsprechende Wertschätzung an deinen Verein binden.

Abschließend wollen wir noch zwei Sachen ansprechen. Es sollte natürlich in der Halle oder dem Raum, wo du das Angebot durchführen möchtest, genügend Platz geben. Achte auch darauf, dass der Raum repräsentativ ist, denn Kursteilnehmer sind potentielle spätere Vereinsmitglieder – mache also einen guten Eindruck. Falls für den Kurs Fitnessgeräte vorgeschrieben sind, achte darauf, dass diese für alle Teilnehmer auch vorrätig sind.
Die zweite Sache sind die entsprechenden Qualitätssiegel, welche im Präventionssport üblich sind. Diese schaffen bei den Teilnehmern mehr Vertrauen. Es gibt den „Pluspunkt Gesundheit“ vom DTB, das Siegel der ZPP (Deutscher Standard Prävention) und das Siegel „Sport pro Gesundheit“ des DOSBs.

Exkurs: Marketing mit dem §65 SGB V

Ab und an bringen Paragraphen auch echte Vorteile mit sich. Der §65  SGB V ist so ein Fall. Dieser regelt das Bonussystem der Krankenkassen gegenüber dem Versicherten. Wenn dieser sich in einem der vier Handlungsfelder (siehe Beginn des Artikels) regelmäßig präventiv verhält, kann er einen Bonus von der Krankenkasse erhalten. Dieser Bonus ist aber je nach Krankenkasse unterschiedlich. Es gibt die Möglichkeit der Rückzahlung von Mitgliedsbeiträgen, der Verringerung von Zuzahlungskosten bei der Krankenkasse oder auch die Zusendung einer Sachprämie.
Der entscheidende Punkt ist, dass deine Mitglieder je nach Bonussystem der Krankenkassen Geld mit der Teilnahme an deinem Sportangebot verdienen können. Bei manchen Krankenkassen reicht die Mitgliedschaft im Sportverein für eine Teilerstattung der Kosten, bei anderen muss nachgewiesen werden, dass man wöchentlich einmal pro Woche mit einer durchschnittlichen Herzfrequenz von 120 bpm eine Stunde trainiert hat. Der Kreativität der Krankenkassen sind da quasi keine Limits gesetzt.
Du als Vereinsstratege überlegst jetzt natürlich sofort, wie du das effektiv bei deinen Mitgliedern nutzen kannst. Wenn du einem potentiellem Neumitglied schon zu Beginn sagen kannst, dass die Mitgliedschaft in deinem Verein nur auf dem Papier 120 Euro kostet und man sich im Normalfall einen Rückerstattung des Beitrags von 20 EUR erhält, macht das auf jeden Fall Eindruck. Es zeigt, dass du dich intensiv um deine Mitglieder und ihre Belange kümmerst. Ggf. kannst du damit auch intensiver in deinem Vereinsheft oder auf deiner Webseite werben. Schlussendlich muss aber das Mitglied selber prüfen, wie das Bonusprogramm bei seiner Krankenkasse genau aufgebaut ist.

Wir hoffen, wir konnten dir einen informativen Überblick über den Präventionssport bieten und du fühlst dich jetzt gut informiert. An dieser Stelle sei angemerkt, dass wir dir empfehlen würden, im Anschluss gleich den Rehabilitationssport-Beitrag zu lesen. So kannst du besser überprüfen, was potentiell zu deinem Verein passen könnte.

Wir bedanken uns für deine Zeit und wünsche Dir viel Erfolg bei der Umsetzung eines Gesundheitssportangebotes in deinem Verein.

Deine Vereinsstrategen
(Martin Schüttler)