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Hauptamt

Hauptamt finanziert sich über Umwege

 

Wir haben in den letzten Monaten viel über die Gewinnung von Ehrenamtern gesprochen und geschrieben. Schließlich sind 93% der deutschen Vereine laut Sportentwicklungsbericht ausschließlich ehrenamtlich geführt. Allerdings stellt man fest, dass die Besetzung gerade von Vorstandsposten immer schwieriger wird. Spätestens wenn Aufgaben nicht mehr im Verein erfüllt werden können, wird sich der verbleibende Vorstand Gedanken über das Thema Hauptamt machen müssen, um die Fortführung des Vereins zu gewährleisten. Neben Pascal, welcher selber jahrelang ehrenamtlich als auch hauptamtlich in Vereinen gearbeitet hat, haben wir uns eine Expertin in den Podcast eingeladen. Marthe-Victoria Lorenz beschäftigt sich mit ihrem aktuellen Projekt „Klubtalent“ ebenfalls sehr stark mit dem Thema des Hauptamtes im Verein. Herausgekommen ist ein sehr interessantes Gespräch über die Sinnhaftigkeit, die Probleme und die Umsetzung von Hauptamt im Verein. Der Blog stellt dabei eine gekürzte Zusammenfassung des Gespräches dar.

 

Hauptamt – Vielfältige Ausgestaltung möglich

Wenn man an Hauptamt denkt, denkt man meist an einen bezahlten Geschäftsführer. Doch es beginnt eigentlich bei den meisten Vereinen mit einem Minijob. Für die Erledigung der lästigen Aufgaben wird jemand angestellt, ein Hausmeister wird für die Halle benötigt oder ein Trainer wird auf Minijobbasis geholt. Die Entlastung von Ehrenamtlern ist also eine der Haupttriebfedern vom Hauptamt. Trotzdem möchten wir natürlich auch auf den hauptamtlichen Geschäftsführer an dieser Stelle eingehen. Als Pascal damals Geschäftsführer wurde, ersetze diese Stelle insgesamt sieben Vorstandsposten, welche davor vollkommen ehrenamtlich begleitet wurden.
Schnell zeigten sich die Vorteile dieser Entscheidung. Die Ehrenamtler wurden von leidigen Verwaltungstätigkeiten befreit und konnten sich wieder mehr Themen widmen, um welche sie sich schon länger im Verein kümmern wollten. Projekte, die seit Jahren in den Schubladen lagen, konnten endlich umgesetzt werden. Die Erfolge an den eigenen Themen zu sehen und überhaupt die Möglichkeit endlich Zeit dafür zu haben, steigerten natürlich auch die Motivation der Engagierten. Es war eine Aufbruchsstimmung im Verein spürbar.
Gleichzeitig kommt mit einem Geschäftsführer als Hauptamtler natürlich auch ein gewisses Know-How in den Verein. Zum einem weil er/sie mit der entsprechenden Ausbildung einiges davon schon mitbringt, zum anderen laufen alle Informationen im Verein bei dieser Person zusammen. Sie wird damit ein großer Informationsträger und dieses Wissen ist somit im Verein besser gebunden als bei diversen Ehrenamtlern, welche jederzeit auch die ehrenamtliche Tätigkeit beenden können. Ein weiterer Vorteil für Außenstehende ist die Ansprechbarkeit einer Person im Verein auch zu „normalen“ Geschäftszeiten. So wird der Hauptamtler recht schnell Kontakte knüpfen und pflegen zu den Landesssportbünden, der Kommune, der Stadt oder den Sponsoren. Und das bringt diverse Vorteile, wie wir gleich noch sehen werden.
Neben dem Minijobs, dem Vollzeitgeschäftsführer gibt es natürlich auch die Möglichkeit, Personen mit reduzierter Stundenzahl anzustellen, Hybridstellen zu schaffen, wo es jeweils einen Anteil an Kursbetreuung und Verwaltungstätigkeiten gibt, oder auch einen Platz für ein freiwilliges soziales Jahr im Sport zu schaffen. Die Möglichkeit, wie eine Stelle ausgestaltet sein sollte, liegt allein an den Bedürfnissen des entsprechenden Vereins.

 

Kosten des Hauptamtes

Eines der größten Argumente gegen das Hauptamt ist sicherlich die Finanzierung der Stelle. Doch schauen wir uns das einmal genauer an. Angenommen ein kleiner Verein mit 300 Mitgliedern möchte eine Minijobstelle schaffen auf 450 Euro-Basis. Das sind Brutto für den Verein rund 600 Euro, also 7200 Euro pro Jahr. Umgerechnet würde das bedeuten, dass jedes Mitglied im Monat 2 Euro mehr zahlen müsst, um die Stelle zu finanzieren. Wenn wir ehrlich sind, für die meisten Mitglieder ist das ein überschaubarer Betrag. Gerade wenn man die Vorteile der neuen Stelle gegenüber den Mitgliedern gut verkauft.
Gehen wir einen Schritt weiter und sagen, der Hauptamtler ist Vollzeit in einem 800 Mitgliederverein angestellt. Dann wird er neben Verwaltungsaufgaben auch viel Zeit in die Weiterentwicklung des Vereins investieren. Das könnten z.B. die Gewinnungskampagnen für neue Mitglieder sein, Umsetzung von Fundraisingprojekten, Beschaffung bisher ungenutzter Fördermittel oder eine bessere Sponsorenpflege mit einem monetärem Mehrertrag am Ende des Tages. Man sieht also gut, dass so eine Stelle nicht allein aus Mitgliedsbeiträgen finanziert werden muss, aber sich auch nicht 1:1 rechnet – über Umwege aber meist schon.

 

Umsetzung des Hauptamtes im Verein

Aus Erfahrung wissen wir, dass es immer wieder Vorbehalte gegen die Einführung von hauptamtlichen Stellen gibt. Diese Bedenkenträger wollen den Verein beschützen vor zu starken Veränderungen aber auch (aus ihrer Sicht) Fehlern. Dementsprechend muss man das Projekt der Schaffung einer hauptamtlichen Stelle strategisch angehen:

  1. Du oder eine Personengruppe möchtest in einem Bereich eine hauptamtliche Stelle schaffen. Dafür gibt es sicherlich gute Gründe – sammle sie vorab. Betrachte die Rahmenbedingnungen, die dein Verein besitzt. Was ist (noch) nötig, um so eine Stelle zu schaffen?
  2. Gehe kleine Schritte und nicht gleich den einen großen. Sprich mit ausgewählten Leuten über die Möglichkeit einer hauptamtlichen Stellen und bitte um ihr Feedback. Was sind ihre Bedenken und Ängste? Was finden sie gut? Der Personenkreis der Befragten sollte aus Mitgliedern, Ehrenamtlern, Trainern ggf. auch Sponsoren bestehen. Achte dabei darauf, dass du nicht nur Menschen befragst, die mit dir befreundet sind, da sie befangen sein könnten und du damit ein falsches Gesamtbild bekommst.
  3. Lasse die Information in die Gestaltung der Stelle einfließen. Versuche Bedenken der befragten Personen zu zerstreuen, indem du „Gegenbeweise“ vorlegst. (Beispiel: Wir können uns das nicht leisten! – Finanzplan aufstellen). Arbeite sinnvolle Hinweise in die Stellenplanung ein.
  4. Suche dir Verbündete im Verein, welche die Schaffung der Stelle unterstützen.
  5. Mache die Planung der Stelle für alle im Verein öffentlich und sei absolut transparent. Dazu gehört eine klare Kommunikation, wie die Stelle finanziert wird, wofür sie zuständig sein soll oder auch eine dadurch notwendige Beitragserhöhung. Gerade wenn es um eine Erhöhung geht, kläre zum Beispiel Eltern auf, dass der Trainer nicht bezahlt wird, wenn er mit dem Nachwuchs auf dem Platz steht, sondern das ehrenamtlich macht. Nicht jeder weiß, wie ein Verein funktioniert. Wenn sie aber sehen, dass die Stelle zur Qualitätssteigerung beiträgt und das System dahinter verstehen, werden sie der Erhöhung sehr wahrscheinlich zustimmen.
  6. Vom Verwalten ins Gestalten kommen. Wenn der Hauptamtler dann im Verein ist, müssen sich die Strukturen neu finden. Es wird meist eine Mischung aus Ehrenamt und Hauptamt bei einzelnen Projektteams zur Weiterentwicklung des Vereins geben. Auch muss geprüft werden, welcher Ehrenamtler jetzt welchen neuen Themenbereich für die Entwicklung des Vereins besetzen möchte, in welchem er auch Expertise und vor allem Spaß hat.
  7. Die neue Struktur mit der Zeit entwickeln lassen und im Bedarfsfall anpassen.

 

Welche sollte die erste hauptamtliche Stelle im Verein sein?

Die Entscheidung, welche die erste hauptamtliche Stelle im Verein sollte, hängt am Ende von unterschiedlichen Faktoren ab. Gleich sind aber meistens die Intentionen, dass mit der hauptamtlichen Stelle Themen vorangebracht werden sollen und der Verein nachhaltig entwickelt werden kann. Aus diesem Gesichtspunkt macht es wirklich Sinn in einen Geschäftsführer zu investieren, weil er die Grundlage ist, die finanziellen und strukturellen Möglichkeiten zu schaffen, die später weiteres Hauptamt ermöglichen. Wenn ein Trainer die erste hauptamtliche Stelle wäre, würde diese Entwicklung so nicht möglich sein.
Das Modell funktioniert natürlich nur ab einer bestimmten Vereinsgröße. Bei kleineren Vereinen geht es beim Hauptamt vor allem um Entlastung, aber nicht um Weiterentwicklung. Wenn dein Verein bzgl. der Größe in einer Übergangsphase ist, würden wir ein hybrides Modell (siehe weiter oben) bevorzugen.
Die Besetzung der geschaffenen Stelle kann dabei sowohl intern als auch extern erfolgen. Beides hat Vor- und Nachteile und hängt sehr von der Stelle ab. Hier empfehlen wir, zu überlegen mit welchen Nachteilen man Leben kann und mich welchen nicht und danach die Entscheidung zu treffen.

Wir hoffen, dass wir dir mit diesem Beitrag helfen konnten, zu entscheiden, ob Hauptamt für dich Sinn machen könnte und wie du es in deinem Verein umsetzen kannst. Wir werden uns auch im nächsten Blogbeitrag noch einmal mit dem Thema Hauptamt auseinandersetzen. Falls du Fragen oder Anmerkungen zum Thema hast oder ein anderes Thema bei uns gerne einmal besprochen haben möchtest, melde dich gerne unter info@vereinsstrategen.de.

Deine Vereinsstragen
(Martin Schüttler)