Hörerfrage
Die Abwahl ist erst der zweite Schritt
Für den heutigen Beitrag widmen wir uns einer Hörerfrage von Sebastian. Er wollte wissen: „Was kann man tun, wenn alte Vorstände keinen Platz im Verein machen wollen, sondern bis zum Lebensende im Amt bleiben?“. Diese Frage kommt meistens immer dann auf, wenn irgendetwas im Verein nicht gut funktioniert. Entweder du selber oder auch ein größerer Personenkreis findet, dass Ideen nicht entsprechend umgesetzt werden, Erneuerungen fehlen oder auch die Kommunikation im Verein schlechter geworden ist. Dies ist natürlich von Verein zu Verein sehr individuell zu betrachten, aber es gibt aus unserer Erfahrung gewisse Auffälligkeiten, die sich immer wieder beobachten lassen und welche wir dir vorstellen wollen.
Verein heißt Demokratie
Doch schauen wir uns erst einmal die Ausgangssituation an. Grundsätzlich sind Vereine demokratische Gebilde. Das heißt jedes Mitglied kann entscheiden, wer zum Vorstand gewählt wird. Dies setzt allerdings auch voraus, dass es überhaupt einen Gegenkandidaten gibt. Wenn dies nicht gegeben ist, ist die logische Folge, dass der alte Vorstand weiterhin im Amt verbleibt.
Desweiterem stellen sich bei allen (potentiellen) Kandidaten auch die folgenden Fragen:
- Wer ist gut vernetzt und beliebt?
- Wer hat Ideen und kann sich gut verkaufen?
- Wer hat überhaupt die Zeit und Lust auf das Amt?
- Wem wird das Amt zugetraut?
Das heißt am Ende stellt sich auch immer die Frage, kann eine Gegenkandidatur erfolgreich sein und wenn ja, wie? Diese Fragen sind deshalb so wichtig, weil es schon Vereine gab, die sich so aufgerieben haben bei solchen Kandidaturen, dass am Ende gar kein Vorstand mehr vorhanden war. Und das sollte nicht so sein, schließlich soll ein Verein und die Ehrenamtsarbeit Spaß machen.
Erst das Gespräch suchen
Damit das nicht passiert, solltest du dir als Vereinsstratege Gedanken darüber machen, wie du mit der Unzufriedenheit im Verein umgehst. Und da lautet unser erster Vorschlag – suche den Dialog mit dem Vorstand. Manchmal ergeben sich aus diesen Gesprächen unkomplizierte Fortschritte, die man so vorher gar nicht erwartet hätte.
Häufig ist es nämlich so, dass man bei Gesprächen aneinander vorbeiredet. Da hilft es dann, einmal die Perspektive des Vorstandes zu schlüpfen und sich zu fragen: „Wieso verhält sich der Vorstand so, wie er es tut?“. Wenn du bei diesen Überlegungen den Grund findest, hast du eine ganz andere Möglichkeit im Gespräch mit dem Vorstand eine Lösung zu finden, weil du ihm zeigen kannst, dass du für seine Ansichten Verständnis hast.
Im Gespräch ist es allerdings wichtig, dieses sachlich zu führen und es nicht emotional werden zu lassen. Dafür ist es auf jeden Fall notwendig, das Gespräch in einem ruhigen Rahmen durchzuführen und nicht zwischen Tür und Angel. Falls es doch emotional werden sollte, weise dein Gegenüber darauf hin und bitte im Zweifel um eine Verschiebung des Gesprächs. In einem neuen Gespräch kann es dann auch sinnvoll sein eine neutrale dritte Person als Mediator dabei zu haben. Vorab kannst du auch noch ein Gespräch führen mit einer Person, die sowohl einen guten Zugang zu dir als auch zum Vorstand hat. Dieses Gespräch läuft meist neutraler ab und du gewinnst wertvolle Informationen.
Wenn ihr mehre Personen seid, die unzufrieden seid, dann sammelt eure Einwände und schickt nur einem zu dem Gespräch. Den Hintergrund kennst du vielleicht aus einem Vorstellungsgespräch. Eine ungleiche Personenanzahl ist für ein Gespräch nicht förderlich. Der Vorstand könnte sich nur aufgrund der Konstellation unterbewusst zur Verteidigung gezwungen fühlen und das erzeugt kein konstruktives Gespräch. Während des Gespräches solltest du den Vorstand auch immer wieder dafür loben, was gut läuft im Verein, aber auch bestimmt drauf hinweisen, was nicht. So merkt er oder sie, dass es keine Generalabrechnung werden soll, sondern wirklich um das Wohl des Vereins geht.
Die Kandidatur
Falls du über den Dialog nicht die erwünschten Änderungen erreichst, kannst du immer noch die Demokratie für dich nutzen. Allerdings musst du dich hier gut vorbereiten. Wenn du nicht selber antreten willst, dann suche dir einen oder mehrere geeignete Personen, welche aus der Sicht des Gesamtvereins eine große Unterstützung haben. Erarbeite mit ihnen gemeinsam einen Plan und schreibt die Ideen nieder. Überlegt euch, was sind die Kernpunkte, die ihr verbessern wollt? Wie stellt ihr das an und welche Ressourcen sind dafür notwendig? Überlegt euch, wie der bisherige Amtsträger in dem Konzept eine nützliche Rolle spielen kann?
Als nächstes würden wir dir immer empfehlen, den Plan der Gegenkandidatur dem Amtsinhaber mitzuteilen. Damit vermeidest du später schlechte Stimmung im Verein und machst dir keine unnötigen Feinde. Der Amtsinhaber kann so vorab entscheiden, ob er gegen dich/euch antreten will oder nicht. Vielleicht ist er insgeheim sogar froh, dass es neue Ideen gibt und tritt freiwillig in den Hintergrund. Teile ihm auf jeden Fall mit, welche Rolle du für ihn in dem neuen Konzept vorgesehen hast, damit er sein Gesicht wahren kann. Aber vielleicht möchte er auch die Gegenkandidatur verhindern und lenkt schlussendlich doch für die Umsetzung der Ideen ein.
Erst wenn der bisherige Vorstand informiert ist, solltest du deine Pläne im gesamten Verein publik machen und in den Wahlkampf gehen. Hier solltest du für deine Ideen werben und erläutern, warum der Verein davon profitiert. Sicherlich werden dir einige Mitglieder am Anfang etwas kritisch gegenüberstehen, aber mit guten Argumenten wirst du sie sicherlich überzeugen können. Vorbereitung ist alles! Dabei hilft es sicherlich auch, wenn ihr genügend Vorlauf bis zur Wahl für alle Beteiligten lasst und nicht drei Tage vor der Wahl mit den Ideen um die Ecke kommt. In dieser Zeit kannst du nämlich auch erklären, dass du vorher den Dialog gesucht hattest mit dem Amtsträger, aber es einfach keine andere Möglichkeit mehr gab als diese Kandidatur.
Am Wahltag musst du allerdings auch mit dem Ergebnis leben. Wenn du siegreich bist, bedanke dich – egal was passiert ist – beim alten Vorstand für die geleistete Arbeit. Er hatte schließlich auch das Vereinswohl deines Vereins im Kopf und hat bestimmt viel dafür getan, dass ihr heute dort steht, wo ihr seid. Wenn es keine Mehrheit für deine Person und damit für deine Ideen gab, dann solltest du trotzdem nicht alles hinwerfen. Dann genieße den Sport, den du im Verein ausübst und engagiere dich in dem Maße, wie du das möchtest.
Die Alternative
Wenn die Kandidatur nichts für dich und deine Mitstreiter ist, haben wir noch einen anderen Ansatzpunkt. Ihr solltet euch überlegen proaktiv eine Projektgruppe zu bilden und eurer Anliegen ergebnisoffen dem Vorstand mitzuteilen. Wenn du hier die Legitimation des Vorstandes bekommst, könnt ihr recht autark arbeiten und eurem Thema und dem Verein einen Schub geben. Häufig ist es nämlich so, dass die Vorstände zu dieser „Macht-ihr-mal-Mentatlität“ neigen. Ihr solltet aber natürlich trotzdem vorher ein Budget und die entsprechenden Entscheidungskompetenzen abklären. Für euch ist der Vorteil, dass ihr euch damit nicht für Ämter verpflichtet und damit zeitlich nur befristet eingebunden seid.
Wenn du uns selber gerne eine Frage stellen möchtest, welche du gerne im Podcast beantwortet haben willst, dann würden wir uns freuen, wenn du uns eine Mail an info@vereinsstrategen.de sendest. Hier kannst du uns natürlich auch sonstige Anmerkungen oder Kritik zukommen lassen. Wenn dir der Beitrag oder der Podcast gefallen hat, würden wir uns freuen, wenn du uns in deinem Verein weiterempfiehlst. Vielen Dank im Voraus!
Deine Vereinsstrategen
(Martin Schüttler)